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Mit Oldtimern gegen Gedächtnislücke

„BMW in Leipzig, Opel in Eisenach, VW in Mosel. Die Leute vergessen über den neuen Fabriken, dass in Ostdeutschland früher auch tolle Autos gebaut wurden.“ – Peter Patz von der Arbeitsgemeinschaft Feuerwehrhistorik Riesa ist angetreten, diese Gedächtnislücke zu schließen.

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Von Peter Anderson

„BMW in Leipzig, Opel in Eisenach, VW in Mosel. Die Leute vergessen über den neuen Fabriken, dass in Ostdeutschland früher auch tolle Autos gebaut wurden.“ – Peter Patz von der Arbeitsgemeinschaft Feuerwehrhistorik Riesa ist angetreten, diese Gedächtnislücke zu schließen. Am Wochenende hat er zum 1. Mitteldeutschen Oldtimertreffen auf dem Gelände des alten Militärlagers Zeithain über 130 Besitzer von Oldtimern zusammengetrommelt. Alle made in Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg.

Ein besonderes Schmuckstück stammt aus Patz' eigener Sammlung: die Universelle. Eine absolute Rarität. Nur zwei Stück soll es weltweit noch geben. Auf den ersten Blick sieht das Gefährt aus wie ein motorisiertes Fahrrad mit einem großem Kasten hinten dran. „Von der Cigarettenmaschinen-Fabrik J. C. Müller & Co. Dresden wurden die Dinger in den 20er Jahren als Nebenprodukt für die Post zum Brief- und Pakettransport gebaut“, erklärt Patz. Gefunden hat er das Dreirad völlig zerfallen in einer alten Scheune bei Verwandten. „Zuerst wusste ich gar nicht, was das sein soll.“ Mit Hilfe von Experten aus den Verkehrsmuseen in Dresden und auf Schloss Augustusburg gelang dann die Restaurierung.

Zwickauer F 9 schlug Ingolstädter DKW

In ein späteres Kapitel des ostdeutschen Automobilbaus entführen die auf Hochglanz gewienerten 313er Wartburg Sport. Kaum zu glauben, dass die DDR-Planwirtschaft in der Lage war, solche Flitzer zu produzieren. Mit seiner langen Motorhaube, den Lüftungsschlitzen auf dem Kotflügel und den verchromten Scheinwerfern räumte der Roadster aus Eisenach Ende der 50er Jahre internationale Schönheitspreise ab. Knapp 500 Stück wurden gebaut. Das Gros ging in den Export, bis in die USA.

Auch der Rest der DDR-Automobilflotte ist in erstaunlicher Vielfalt in Zeithain vertreten. Blau, rot und grün gespritzte Framo-Pritschen aus den späteren Barkas Werken in Hainichen bei Frankenberg recken ihre markanten Schnauzen nach vorn. Troll-Roller aus Ludwigsfeld in Brandenburg mit angehängtem Campi-Einradanhänger erinnern an eine Zeit, als die Fahrt an die Ostsee mindestens zur Tagesreise wurde. Eine IFA F9 Limousine von Anfang der 50er Jahre steht für den Neuanfang nach dem Krieg. Interessant: Das in Ingolstadt nach den gleichen Vorkriegsplänen gebaute westdeutsche Schwesterauto DKW-Meisterklasse schlug der Zwickauer IFA F9 damals um Längen.

Was vorn fast wie neu die Blicke auf sich zieht, liegt hinten auf dem Teilemarkt bis zur Unkenntlichkeit zerstückelt und rostig. In Kisten und Schüben stapeln sich Stoßstangen, Schalter, Motorteile, Betriebsanleitungen etc.. Händler Michael Zimmermann aus Bautzen gibt zu, dass er selbst nicht bei jedem Teil weiß, wozu es gehört: „Die meisten Kunden haben genaue Vorstellungen, was sie suchen. Da muss ich mich nicht drum kümmern.“ Am gefragtesten seien derzeit Teile für den 311er Wartburg. Sogar im Westen sind sie gesucht. „Oft sind es Ausgereiste, die sich mit einem alten Wartburg im Westen ein Stück Osten erhalten wollen.“