Von Domokos Szabó
Die Polizisten schauten leicht verdutzt, als sie dieser Tage in Freital einen Fiat-Fahrer aus dem Verkehr fischten. Es war ausgerechnet ein Mitarbeiter der Technischen Werke, einer Stadttochter, der in seinem Dienstwagen nicht angeschnallt erwischt wurde. Nun sollte er seine gerechte Strafe erhalten – ein Verwarngeld von 30 Euro. Doch daraus wurde nichts. Der Mann hielt den Ordnungshütern eine Befreiung unter die Nase.
Nach SZ-Recherchen ist er nicht der Einzige. Das Landratsamt in Dippoldiswalde und das Freitaler Rathaus haben allein im vergangenen Jahr fast 100 Ausnahmegenehmigungen erteilt. Als Beispiel für Adressaten nennt Freitals Stadtsprecherin Inge Nestler Mitarbeiter der Gesellschaft für Arbeitsförderung, Beschäftigung und Strukturentwicklung, kurz Gabs, die im Stadtgebiet Papierkörbe leeren.
Aber auch für den Bauhof, den Winterdienst und eine private Haltestellenreinigungs-Firma wurden schon entsprechende Dokumente ausgestellt. Das häufige Ein- und Aussteigen soll damit ein Stück leichter fallen. Auch das Landratsamt hat eine Reihe von einschlägigen Kunden aus dem öffentlichen Dienst. Neben den Bauhöfen von Dippoldiswalde und Wilsdruff gehören die Straßenmeistereien sowie das Straßenbauamt Dresden dazu, erläutert Andreas Pohl, zuständig für das Verkehrsrecht. Im vergangenen Jahr erteilte die Dippoldiswalder Behörde 39 Befreiungen, in diesem Jahr sind es bereits 19. Darunter sind jeweils einige Verlängerungen, sagte Pohl.
Wer indes privat eine Befreiung bekommen möchte, hat schlechte Karten. Der einzige Grund, den die Behörden akzeptieren, sind körperliche Gebrechen. Eine Verletzung im Schulterbereich zum Beispiel könnte da überzeugen – ein entsprechendes ärztliches Attest vorausgesetzt. Menschen mit einer Körpergröße von weniger als 1,50 Metern wiederum dürfen ebenfalls ohne losfahren. In diesen Fällen würde Pohl eine amtliche Nachmessung für möglich halten. In einem anderen Fall hätte er eher zur Waage greifen müssen. Doch als im letzten Jahr ein beleibter Mann aus der Dippoldiswalder Gegend vorstellig wurde, kam letztlich der technische Dienst namens TÜV zur Hilfe. Ein Mitarbeiter bestätigte, dass man das Auto des Antragstellers nicht mit einem extralangen Gurt nachrüsten kann. Grund genug für eine weitere Befreiung.