Von Carolin Barth
Es ist staubig und heiß, Menschen leben in Lehmhütten, das Gemüse auf dem Markt wird vom dreckigen Boden verkauft. Es gibt viele Analphabeten, in den Waisenhäusern leben Kinder, die im Bürgerkrieg ihre Eltern verloren haben. Es ist der Alltag im Sudan. Doch im Land, in dem 50 Jahre Bürgerkrieg wütete, geht es langsam aufwärts. Ullrich und Elisabeth Drechsel sind als Entwicklungshelfer dabei. Seit 2008 leben der Logistiker und die Lehrerin in der Provinzhauptstadt Yae, im Süden des Sudans. Seit 2003 verheiratet, sind sie mit Mitte und Ende 50 noch einmal neu aufgebrochen. Obwohl fremde Kulturen und das Leben im Ausland für beide keine neuen Erfahrungen sind.
Fern der Heimat
Ullrich Drechsel wurde in Bretnig geboren, kehrte seiner Heimat aber schon vor dreißig Jahren den Rücken und ging als Diakon an die Ostsee, um dort mit behinderten Menschen zu arbeiten. Seit Anfang der 1990er Jahre zieht es ihn noch weiter hinaus, um in zerstörten Ländern wieder mit aufzubauen. „1992 wurde von Wismar aus ein Hilfstransport in den Kosovo organisiert, dabei half ich mit.“ Bei einmaliger Hilfe blieb es nicht. Ullrich Drechsel Ehrenamt wurde Job. „Ich gründete gemeinsam mit einem Arzt einen Verein. Wir holten Ärzte und Krankenschwestern zusammen, um eine medizinische Notversorgung aufzubauen.“ Nach dem Kosovokrieg existierte die nicht mehr. „Die Verhältnisse dort waren erschütternd. Doch helfen kann man eben nur direkt vor Ort, Hilfsgüter allein reichen nicht.“
Seine Frau Elisabeth, die aus der nähe von Karlsruhe stammt, kannte er damals noch nicht. Auch sie fühlte sich im Ausland heimischer als daheim. „Bis 1989 lebte ich in Japan, arbeitete in einem Internat für Missionarskinder“, sagt die 55-Jährige. Wieder daheim half sie ausländischen Kindern beim Einleben und erarbeitete Unterrichtsmaterial für deutsche Schulen im Ausland.
Nach der Heirat wollten sie als Paar ihr Fernweh lindern und vor allem irgendwo auf der Welt aktiv helfen. Über die christliche Hilfsorganisation Christliche Fachkräfte International ging es für sie nach langer Vorbereitungsphase Anfang 2008 in den Sudan. Für ihre Reise in ein neues Leben hatten sie nur ein paar Koffer gepackt.
„Wir leben heute in der Stadt Yae und arbeiten täglich mit Einheimischen zusammen. Ein sudanesischer Bischof koordiniert Hilfsprojekte“, sagt Ullrich Drechsel. Geholfen wird beim Aufbau von Schulen, Krankenstationen, Waisenhäusern oder Brunnen. „Die Arbeit zehrt schon an unseren Kräften. Es ist nicht nur die Hitze, sondern auch das Elend, mit dem wir täglich konfrontiert werden“, sagt Elisabeth Drechsel. Doch das Ehepaar erlebt auch, wie es langsam bergauf geht. Wie Märkte wachsen, feste Gebäude entstehen, Kinder lernen. Und wie Menschen mit Kriegstraumata fertig werden, Hoffnung schöpfen und ihren Alltag selbstständig meistern. „Ich unterrichte gerade junge Frauen in Englisch, wie sie mit einer Fibel Analphabeten unterrichten können“, sagt Elisabeth Drechsel. Ihr Mann ist am Aufbau einer Krankenstation beteiligt. „Unser Ziel ist eine menschwürdige Behandlung der Kranken mit geschultem Personal, einem Labor und modernen Geräten“, so der 59-Jährige. Vor allem Malaria, Müttersterblichkeit und Aids sind große Probleme.
Koordination ist schwierig
Wie ihre Kollegen brauchen auch Ullrich und Elisabeth Drechsel beim Wiederaufbau eine Menge Geduld. Weil vor Ort viele helfen, ist die Koordination schwierig, Traditionen hemmen oft den Ehrgeiz, der Frieden steht noch immer auf wackligen Beinen. All das kostet Kraft. Doch Drechsels opfern sie gern und bleiben. Denn die Hoffnungsschimmer überwiegen.
Am Ostermontag ab 19 Uhr berichten die Drechsels beim Abendgottesdienst in der Kleinröhrsdorfer Kirche von ihrem Alltag im Sudan. Sie werden auch Fotos zeigen.