Sie sitzen seit 1999 für die CDU im Radeberger Stadtrat. Wie kam es zur Idee eines Jugendstadtrats?
Den Vorschlag trug die ehemalige Landtagsabgeordnete Ingrid Petzold im März 2004 an mich heran. Sie wusste von einer solchen Institution in Freiberg, die dort seit neun Jahren besteht und von welcher zwei Vertreter im Frühjahr vergangenen Jahres das Radeberger Bürgerhaus besuchten. Dabei teilten sie ihre Erfahrungen den über 100 Radeberger Schülern und weiteren Gästen mit. So kam es, dass im Stadtrat der Vorschlag gemacht wurde, auch einen Jugendstadtrat ins Leben zu rufen.
Wie groß war darauf die Resonanz im Stadtrat?
Alle Fraktionen sowie der Bürgermeister haben ihre Unterstützung zugesagt.
Was ist die Idee, welche hinter diesem Jugendstadtrat steckt?
Bisher war es für Kinder und Jugendliche schwierig, ihre Vorschläge in entsprechender Art und Weise zu artikulieren. Mit dem Jugendstadtrat ist ihnen nun ein Mittel an die Hand gegeben, ihren Standpunkt gegenüber der Öffentlichkeit zu vertreten.
Wie ist solch ein Jugendstadtrat zusammengesetzt?
Er besteht aus gewählten Mitgliedern Radeberger Schulen, die je nach Schülerzahl eine gewisse Anzahl an Vertretern entsenden. Auch die Grundschulen sowie die Förderschule entsenden Vertreter. Leider zog sich das Radeberger BSZ zurück, da es durch den Blockunterricht Schwierigkeiten gegeben hätte. Zusätzlich nehmen zur Unterstützung noch Erwachsene an den Sitzungen teil. Die einzelnen Fraktionen entsenden je ein Mitglied. Jedoch haben die Erwachsenen kein Stimmrecht.
SZ: Für welchen Zeitraum wurde dieses Gremium gewählt?
Die Wahl entschied über die Abgeordneten eine zweieinhalbjährige Legislaturperiode. In der Regel soll aber alle zwei Jahre zu Beginn des neuen Schuljahres gewählt werden. In diesem Zeitraum ist es vorgesehen, sich mindestens zweimal im Jahr zu einer Sitzung zu treffen.
Auf welche Weise kann dieses kommunale Jugendparlament die getroffenen Entscheidungen umsetzen?
Offizielle Anfragen werden von den betreuenden Teilnehmern nach Möglichkeit gleich oder bei größerer Komplexität in späteren Sitzungen beantwortet. Gefasste Beschlüsse gehen als Antrag beim Stadtrat ein. Dabei konzentriert sich der Arbeitsbereich besonders auf jugendspezifische Themen. Wenn im Stadtrat über solche verhandelt wird, so werden die Planungsunterlagen an den Jugendstadtrat weitergeleitet, damit auch dieser einen Standpunkt findet.
Gibt es für die Mitglieder eine Aufwandsentschädigung oder arbeiten die Kinder und Jugendlichen rein ehrenamtlich?
Nein, es gibt keine Aufwandsentschädigung. Jedoch dürfen die teilnehmenden Jugendlichen während der Zeit, da sie Mandatsträger sind, städtische Einrichtungen wie Stadtbad, Bibliothek oder das Museum im Schloss Klippenstein kostenlos nutzen. Des Weiteren verfügt der Jugendstadtrat über ein Budget von 300 Euro. Letzteres ist jedoch mehr als symbolischer Akt gedacht.
Was meinen Sie, wo könnten Schwierigkeiten auftreten?
Die Erfahrungen in der Praxis werden sicherlich einige kleine Probleme zutage treten lassen. Wichtig ist vor allem, dass die Motivation der Teilnehmer nicht schwindet, denn von diesen hängt alles ab. Außerdem sollte man der Sache eine gewisse Kontinuität verleihen, damit sich auch tatsächlich Effekte zeigen können.
Gibt es irgendeine größere Idee, die hinter dem Gedanken eines Jugendstadtrates steht?
Die Jugendlichen sollen so früh wie möglich Demokratie üben und dabei lernen, andere Meinungen zu akzeptieren und Niederlagen zu verkraften. Außerdem soll auch das Interesse an Politik bei den jungen Mitbürgern geweckt werden, schließlich geht diese uns alle an. Vielleicht macht auch jemand dabei solch gute Erfahrungen, dass er der Politik auch nach seinem 18. Geburtstag nicht verloren geht.
Dies sind Einflüsse, die auf Kinder und Jugendliche wirken. Glauben Sie, dass die Zusammenarbeit mit wesentlich Jüngeren auch Einfluss auf die teilnehmenden Erwachsenen hat?
Ganz bestimmt. So werden wir sicherlich von ihrer Spontanität profitieren oder von neuen Lösungsansätzen. Im Freiberger Vorbild beispielsweise haben die Jugendlichen farbige Karten, ähnlich wie im Fußball, mit denen sie nicht nur abstimmen, sondern auch ihr Missfallen ausdrücken oder eine nicht zufrieden stellende Antwort bemängeln. Da kann sich die große Politik noch etwas abschauen.
Freuen Sie sich persönlich auf die Arbeit mit dem Jugendstadtrat?
Ich bin sehr froh darüber, dass die Idee des Jugendstadtrates von allen begeistert aufgegriffen wurde und dass es recht schnell gelang, das Freiberger Modell an Radebergs Gegebenheiten anzupassen. Ich bin gespannt auf die praktische Umsetzung und hoffe auf ein gutes Ergebnis. Es stellt eine Chance für unsere Kinder und Jugendlichen dar, sich an politischen Diskussionen zu beteiligen.
Gespräch: Johannes Angermann