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„Mobbing ist jeden Tag ein Thema“

Haben sie nach dem Amoklauf eines 17-Jährigen in Baden-Württemberg nun Angst, in die Schule zu gehen? Trauen sie Mitschülern etwas Derartiges zu? Franz Spengler (16), Lisa Weck (17) und Steffen Zesewitz (17) von der 82. Mittelschule in Klotzsche sprechen über die Tat.

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Von Claudia Schade

Haben sie nach dem Amoklauf eines 17-Jährigen in Baden-Württemberg nun Angst, in die Schule zu gehen? Trauen sie Mitschülern etwas Derartiges zu? Franz Spengler (16), Lisa Weck (17) und Steffen Zesewitz (17) von der 82. Mittelschule in Klotzsche sprechen über die Tat.

Was fühlt ihr nach dem Amoklauf?

Franz: Ich finde das Wahllose an der Tat furchtbar. Dass die Unbeteiligten in dem Autohaus gestorben sind, ist so sinnlos.

Lisa: Winnenden hört sich nicht deutsch an. Ich habe erst gedacht, das wäre in einem anderen Land passiert. Und dann denkt man an die anderen Amokläufe in Erfurt und Emsdetten. Ich fühlte mich nicht wohl bei dem Gedanken, wieder in die Schule gehen zu müssen.

Steffen: Man hört immer wieder, dass Jugendliche nach solchen Taten fast schon suchen. Aber ich gehe jetzt nicht mit der Einstellung in die Schule, dass es hier passieren kann.

Geht ihr in diesen Tagen so in die Schule wie immer?

Steffen: Nein, mir ist schon etwas mulmig.

Lisa: Manchmal kommen ja so Sprüche, wie: „Ich komm` morgen mit `ner Bombe wieder“. Dabei denkt man sich ja sonst nichts. Aber jetzt ist das komisch.

Franz: Es gibt Leute, von denen ich denke, sie könnten grundsätzlich so etwas tun. Aber zutrauen tue ich es keinem. Es gibt schon Leute, die sich still in die Ecke verkriechen. Sie wollen auch mal, dass jemand auf sie hört. Sie sind aber selber schuld, weil sie nicht auf andere zugehen.

Geht ihr denn auf diese Leute zu?

Franz: Nein, das auch nicht. Sie sind so anders als die anderen. Ich kenne einen, der ist sehr reizbar. Wenn er von anderen gemobbt wird, dann reagiert er über, viel zu heftig. Statt einfach zu sagen, sie sollen ihn in Ruhe lassen.

Wie ist das mit Mobbing?

Franz: Das ist schon jeden Tag ein Thema.

Lisa: Es ist nicht immer handgreiflich, meist sind es nur Sprüche. Aber Worte tun auch weh.

Franz: Bei mir in der Klasse gibt es welche, die sich monatlich ein bis zwei Leute aussuchen und die dann wochenlang mobben: Die kriegen dann dumme Sprüche zu hören, wie: „Du Opfer!“. Manchmal gibt es auch einen Klaps.

Steffen: Manche machen auch mit, um vom Hauptmobber anerkannt oder einfach in Ruhe gelassen zu werden. Die meisten halten sich da aber einfach raus. Ihnen ist es scheibar egal.

Wie wird man zum Mobber?

Franz: In jeder Klasse gibt es eine kleine Hierarchie.

Lisa: Ja, der Mobber hat sich hochgekämpft.

Steffen: Viele machen das, um vor den Anderen cooler dazustehen und neue Freunde zu gewinnen.

Franz: Oder nur aus Langeweile.

Und Computerspiele?

Steffen: Wenn die so wichtig wären, müsste jeder mit einer Knarre herumlaufen.

Wisst ihr, wie ihr Euch bei einem Amoklauf verhalten müsst?

Lisa: Nein, ein Training hat es nicht gegeben. Es rechnet ja auch keiner damit, dass an unserer Schule so etwas passieren könnte. Ich fände es komisch, wenn wir jetzt eine Übung machen würden.

Steffen: Damit würden viele Schüler mehr verunsichert werden.

Seid ihr jetzt aufmerksamer gegenüber euren Mitschülern?

Lisa: Das wäre diskriminierend, wenn wir jetzt alle Außenseiter für mögliche Amokläufer halten. Man soll nicht mit dem Finger auf sie zeigen. Sie sind halt so, wie sie sind.

Franz: Ich vertraue darauf, dass ein Amoklauf hier nicht passiert.