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Mode-Rausch beim Kleidertausch

Sich öko kleiden, ohne in Sack und Asche zu gehen, dafür sucht Christina Häberle Ideen.

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© Steffen Füssel

Knöchellange Wickelkleider, nein danke. Die sind nicht ihr Look. Christina Häberles Rocksaum endet am Knie, ihre Beine stecken in blickdichten Strumpfhosen, die Füße in Stiefeletten. Die 22-Jährige hat Spaß an Mode. Gerade hat sie mit einer Handvoll Gleichgesinnten einen Führer für alternative Kleidung zusammengestellt. In Kürze soll er gedruckt erscheinen – sozusagen als Regionalausgabe zu seinem großen Hamburger Bruder. Der entstand in der Greenpeace-Zentrale. Doch Christina Häberle wollte auch den Dresdnern zeigen, welche Labels sie mit besserem Gewissen tragen können als die Shirts von Zara, H&M und C&A – und wo sie sie bekommen.

Noch ist ihr Angebot klein. Nur sechs Läden und Boutiquen haben Christina Häberle und ihre Dresdner Greenpeace-Freunde aufgetan. Doch ein Anfang ist gemacht. Das halten die jungen Leute für wichtig. „Ich würde ja selber gern Sachen von Zara tragen. Sie gefallen mir, aber sie sind mit ungesunden Weichmachern und Farbstoffen hergestellt“, sagt die Studentin. Die seien nicht nur für den Körper, sondern vor allem für die Umwelt schlimm. Ökologisch produzierte, aber teure Kleidung kann sie sich nur selten leisten. Deshalb sucht sie nach weiteren Alternativen. Mit ihren Freunden hat sie schon häufig Kleidertausch-Partys gefeiert. Jeder Gast bringt Teile aus seinem Schrank mit, die von dort schon ewig nicht mehr ans Licht gekommen sind. Was der eine loswerden will, macht den nächsten glücklich. „So verwenden wir die Sachen weiter, statt sie einfach nur in den Müll zu werfen und neue zu kaufen.“ Ähnlich dem An- und Verkauf, wo Christina ebenso gern stöbert. In Zeiten pink-schäumender Flüsse rund um chinesische Textilfabriken und einstürzender Nähstuben-Dächer in Indien, wo billig auch für Deutschland produziert wird, will sie nicht stillhalten. Nun lädt sie zum ersten offiziellen Kleidertausch ins neue Greenpeace-Büro in der Neustadt ein.

Der Gedanke, sich für die Umwelt zu engagieren, kam ihr auf einer Reise nach Lateinamerika. Dort hatte sie ein Stück Fleisch gegessen, das so anders schmeckte, als das zu Hause. Viel besser. Wieder zurück in Dresden, führte sie sich die Anliegen verschiedener Organisationen zu Gemüte. Den Eindruck, wirklich praktisch mittun zu können, hatte sie schließlich bei Greenpeace. Seit anderthalb Jahren arbeitet sie nun ehrenamtlich mit, als eine von etwa 20 Leuten der Dresdner Gruppe. Neben ihrem Studium der Germanistik und Geschichte an der TU sitzt sie regelmäßig mit fünf bis acht Kollegen des Arbeitskreises Landwirtschaft und Chemie zusammen. Während andere sich mit den Themen Energie oder nachhaltige Forstwirtschaft und Fischerei befassen, überlegt sie, wie die Textilwirtschaft weltweit entgiftet werden kann. Mit der Kampagne Detox habe Greenpeace es geschafft, dass sich Unternehmen wie H&M oder Zara bereit erklärten, bis 2020 eine schadstofffreie Lösung zu finden, sagt die Aktivistin. Dann werde es spannend, und Ergebnisse lassen sich endlich messen.

Ganz privat sucht Christina Häberle auch beim Kochen und Essen Alternativen. Auf Fleisch verzichtet sie fast ganz und tierische Produkte benutzt sie nur, wenn es wirklich nötig ist. Längere Strecken legt sie per Mitfahrzentrale zurück, kurze zu Fuß oder mit dem Rad. Sie will nicht belehren, sondern bei sich anfangen. Jeder muss das allein entscheiden, sagt sie. Klar spiele auch die knappe Studentenkasse eine Rolle beim Einkauf und bei Mobilität, gibt sie zu. „Wenn ich mehr Geld hätte, würde ich mich für den Zug statt für die Mitfahrgelegenheit entscheiden und lieber in einem der sechs Geschäfte einkaufen, als im Second Hand.“ Ihre Überzeugung wiege mehr, als das Geld.

Kleidertausch: Mittwoch, 19 bis 23 Uhr, im neuen Greenpeace-Büro in der Martin-Luther-Straße 11