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Moderne Kunst an der Empore

Der Kirchenvorstand von Porschendorf hat Mut bewiesen: 24 abstrakte Gemälde zieren seit Kurzem das Gotteshaus.

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Von Heike Sabel

Das Porschendorfer Kirchenjahr ist jetzt auf 24 Bildern zu sehen. Sie zieren die bisher schlichten Emporen der Kirche – und sorgen für Diskussionen. Denn die Meinungen der Besucher zu den Gemälden gehen auseinander. Morgen werden sie beim regionalen Gottesdienst zum Buß- und Bettag offiziell übergeben. In einer Vernissage wurden sie vorige Woche Interessierten vorgestellt. Dazu war auch der Künstler, Dr. Christoph Schwabe, von Chemnitz nach Porschendorf gekommen.

Als der Maler, Musiker und Musiktherapeut vor fast genau einem Jahr ein Konzert in der Porschendorfer Kirche erlebte, sprudelte beim Anblick der blanken Holzflächen an den Emporen die Quelle seiner Inspiration. „Das möchte ich gern machen“, stand danach für ihn fest. Die ersten vier Bilder für den Zyklus entstanden da bereits vor seinem Auge. Manchmal hatte er dann für einen kirchlichen Feiertag sofort eine Idee, manchmal dauerte es länger. Als er mit Malen begann, war noch gar nicht klar, ob Porschendorf seine Bilder auch nimmt. Darüber musste der Kirchenvorstand entscheiden. Er tat sich schwer mit der Entscheidung über die Bilder, die so gar nicht in das Schubfach der klassischen Darstellungen passen, erinnert sich Pfarrer Matthias Schille. Am Anfang befanden sich die Bilder – im Gegensatz zur jetzigen hellen Ausführung – in schwarzen Rahmen. „Da wirkten sie sehr düster“, sagt Schille. Hinzu kam die Entscheidung über Figürlichkeit oder Glaubensträume. In eine Kirche gehört Erkennbares, sagten die einen. Die anderen wollten dem Wunsch nach Träumen Platz einräumen.

Etwas Einzigartiges

Der Kirchenvorstand entschied sich schließlich für die Bilder. Gunther Erpel ist darüber froh. „Sie sind etwas Einzigartiges.“ Seinen Recherchen zufolge gibt es in der Region nichts Vergleichbares.

Die Bilder verändern aber auch den Charakter der Kirche. Das macht Diana Schalbe und Norbert Knäbel noch zu schaffen. Nach der ersten Skepsis findet Diana Schalbe nun Gefallen an den Bildern. Die Abstraktheit gebe ihr die Freiheit der Interpretation. „Aber ich will auch die Chance haben, da reinzuwachsen.“ Für Norbert Knäbel ist dagegen die Ruhe in der Kirche vorbei. Die Bilder stören ihn, weil sie die gewohnte Atmosphäre kaputt machen, sagt er.

Andere wieder sind hellauf begeistert. Eine Dürrröhrsdorferin wollte gleich einige Bilder kaufen. Werner Höfgen sagt: „Sie sind einfach schön und ich kann jedes Mal etwas anderes in ihnen sehen.“ Und die Bilder haben auch einen ganz praktischen Sinn, ergänzt er: Wenn der Gottesdienst mal nicht so spannend ist, habe man was zum Anschauen.

Eins wird aber deutlich: Egal, ob Befürworter, Skeptiker oder Kritiker – alle honorieren den Mut der Porschendorfer. Für Christoph Schwabe ist das ein Zeichen für eine lebendige Kirche. Ein Bild könne auch einmal eine Provokation sein, ohne zu provozieren, sagt er. Für ihn sind seine Bilder alles andere als abstrakt, sondern sehr konkret. „Unter einem Mikroskop wird alles abstrakt.“ Er will seine Bilder nicht erklären. Auch wenn die Kenntnis biblischer Geschichte nützlich sei, könne auch der, der sie nicht kennt, in den Bildern das Leben entdecken. „Obwohl die Bilder biblische Feste aufgreifen, sind sie keine Illustration der biblischen Geschichte“, sagt der 73-Jährige. Ein Informationsblatt hilft trotzdem, Schwabes Inspiration aufzunehmen.

Die Besucher am vergangenen Mittwoch haben schnell ihr Lieblingsbild entdeckt. Es ist das letzte im Porschendorfer Kirchenjahr, der Ewigkeitssonntag. Die Caspar-David-Friedrich-Stimmung zeigt den Kampf um Ende und Anfang.