Von Romy Kühr
Die Brusttasche an Karsten Eders Arztkittel vibriert. Der Doktor zieht das schnurlose Telefon hervor. Ruhig spricht er in den Hörer. „Okay, wir bereiten alles vor“, beendet er das Gespräch. Jetzt wird‘s ernst. Die Zentrale hat einen sogenannten Akutpatienten angekündigt. Er ist bewusstlos und wurde in der Zittauer Notaufnahme eingeliefert. Weil er Probleme mit dem Herzen hat, wird er nun auf schnellstem Weg ins Krankenhaus Ebersbach gebracht.
Denn hier arbeiten Karsten Eder und sein Kollege Stefan Kralev seit einigen Wochen an einem ganz speziellen Arbeitsplatz. Das Klinikum hat einen Behandlungsraum für die sogenannte minimalinvasive Herzchirurgie eingerichtet. Hier werden Patienten mit Verdacht auf Herzinfarkt behandelt oder, wenn man vermutet, dass Herzkranzgefäße verengt sind. Das alles können die Ärzte untersuchen, ohne den Brustkorb aufzuschneiden. Sie können zum Beispiel sogenannte Stents setzen, die die Gefäße erweitern, damit das Blut wieder ungehindert fließen kann.
Was dem angekündigten Patienten genau fehlt, wissen sie noch nicht. In wenigen Minuten wird er auf dem sterilen weißen Tisch mit den vielen Monitoren und Geräten drum herum liegen. Konzentriert werden Eder und Kralev einen dünnen Schlauch durch die Arterie bis zu seinem Herzen führen. Damit können sie beispielsweise einen Stent dorthin führen, wo er eingesetzt werden muss. Während die Ärzte am Herzen arbeiten, wird der Brustkorb des Mannes geröntgt. Auf einem Bildschirm können die Kardiologen so sehen, wie es im Inneren des Organs aussieht.
Seit Anfang Juli hat das Klinikum Oberlausitzer Bergland das Herzkatheterlabor in Betrieb. Etwa zehn akute Fälle haben seitdem auf dem Behandlungstisch gelegen, zusätzlich haben die Ärzte etwa 20 weitere, geplante Behandlungen durchgeführt. „Alle mit Erfolg“, sagt Stefan Kralev. Um die Genehmigung, ein solches Labor zu betreiben, hat das Klinikum allerdings lange gekämpft. Denn die Erlaubnis bekommen nur Schwerpunktzentren. Ebersbach ist kein solches Zentrum. Bisher gab es in der Region Herzkatheterlabore in Görlitz und Bautzen. „Wir möchten das aber auch unseren Patienten im südlichen Teil des Kreises anbieten“, sagt Steffen Thiele, Geschäftsführer des Klinikmanagements am Klinikum Oberlausitzer Bergland.
In der Region gibt es immer mehr Ältere, dementsprechend kommen häufiger Herz-Kreislauferkrankungen vor als anderswo, wissen die Ärzte Karsten Eder und Stefan Kralev. Die Anzahl derer, die an einem Herzinfarkt sterben, ist in Ostsachsen im deutschlandweiten Vergleich am höchsten, so die Herzspezialisten. Ihr Ziel ist es, diese Zahl zu verringern. Da kann der neue Behandlungsplatz, für den die Klinik rund eine halbe Million Euro investiert hat, auch vorbeugend helfen. Denn er wird ebenso zur Diagnostik eingesetzt – also, um erst einmal abzuklären, welche Gefäße verschlossen oder verengt sind. Wenn Patienten mit typischen Symptomen wie Brustschmerzen kommen, werden sie im neuen Katheterlabor untersucht. Niedergelassene Kollegen können ihre Patienten einweisen, um einen Verdacht abzuklären. In akuten Fällen raten die Kardiologen aber, immer erst den Notarzt zu rufen und nicht selbst in die Klinik zu fahren. „Der Arzt entscheidet, was zu tun ist.“ Denn wenn das Herz schlappmacht, muss innerhalb von 120 Minuten behandelt werden.
Mit dem Ebersbacher Katheterlabor verkürzen sich die Wege nun für die Patienten in der südlichen Oberlausitz. Die Ärzte sind unter der Woche rund um die Uhr in Bereitschaft. An den Wochenenden teilen sie sich den Bereitschaftsdienst mit dem Görlitzer Labor. Lediglich am Wochenende kann es also hin und wieder vorkommen, dass Patienten aus dem Oberland nach Görlitz gebracht werden müssen oder umgekehrt. In beiden Häusern ist man immer auf Notfälle eingestellt. So wie jetzt. Eine Schwester prüft das Röntgengerät, ihre Kollegin legt Schläuche bereit. Der Patient kann kommen.