Wahrscheinlich hat sie am Besten von allen gewusst, was der blaue Brief bedeutet: Monika Kranzusch (48) aus Zabeltitz war angestellt beim Arbeitslosenverband Riesa-Großenhain und Umgebung. Im März 2003 fielen die Fördermittel für ihre Stelle weg. Sechs Jahre lang hatte sie Arbeitslose beraten. Auf einmal gehörte sie selber dazu. Das sei hart gewesen. „Aber es ist für jeden eine schlimme Erfahrung.“
Ihr Glück war, dass sie ein eigenes Haus hat, ihre kleinen Witwenrente zumindest für das Nötigste reicht – und die Poststelle der Gemeinde schließen sollte. „Da habe ich mir gesagt: Ich versuche es, mich selbstständig zu machen.“ Seither sortiert Monika Kranzusch hauptberuflich Post, verkauft Briefmarken, hilft bei Anträgen aller Art und vertreibt ihre Handarbeiten. Ehrenamtlich betreut sie weiterhin Arbeitslose. Sie hat sich erneut zur Vorsitzenden des Verbandes wählen lassen. Und sie sucht den Weg in die Politik. Monika Kranzusch kandidierte vor zwei Jahren für einen Sitz im Kreistag. Sie scheiterte. Aber: „Ich werde es bei der nächsten Wahl wieder versuchen.“
So kommt Monika Kranzusch über die Runden. Die Poststelle sei ein Zubrot zur Witwenrente. Allein davon leben könne sie nicht. Hoffnung auf eine Festanstellung hat sie keine mehr. Weil sie bereits knapp 50 Jahre alt ist. Und weil die Lehrerin in ihrem eigentlichen Beruf zuletzt vor 17 Jahren gearbeitet hat. Die Selbstständigkeit ist ein Kompromiss. „Ich brauche etwas zu tun.“
Denn Resignation, so hat sie es oft gesehen, sei der eigentliche Anfang vom Ende. „Es geht sehr schnell und die Menschen fallen in ein Loch.“ Das zumindest blieb ihr selbst erspart. (cpa)