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Muck liest vor

Hartmut Schulze-Gerlach erinnert bei einer Vorstellung in Radebeul mit einem Hörbuch an seine Mutter. Es ist ein Roman, geschrieben von ihr.

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© Norbert Millauer

Von Ulrike Keller

Radebeul. Mucks Fans sind neugierig. Die tiefe, sonore Sprechstimme des Moderators scheint wie gemacht für sein neuestes Projekt. Doch er selbst sagt: „Sonst rede ich viel Quatsch. Das geht hier nicht.“ Wie also klingt es, sein erstes Hörbuch?

Vertraut und sehr lebendig. Über Wochen hat er im heimischen Studio auf Rügen einen Roman seiner Mutter eingesprochen, der Schriftstellerin Tine Schulze-Gerlach. Weshalb seine Wahl ausgerechnet auf „Erinnerung an Maurice“ gefallen ist, bringt er bei der Präsentation Anfang Juni mit einem Satz auf den Punkt: „Es ist das schönste Buch, das sie je geschrieben hat“, sagt er. „Es ist stimmig von vorn bis hinten. Klasse einfach.“ Immer mal wieder hätte er es über die Jahre zur Hand genommen. Entstanden ist es in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre. Die Folgen des Krieges sind noch immer präsent, in den Städten ganz deutlich, aber auch in den Menschen Radebeuls, wo es spielt. Ein Lehrmeister etwa hat im Kriegsfeuer sein Gesicht verloren. Als er in die Straße der weiblichen Hauptfigur zieht, ist diese abgeschreckt von dem entstellten Anblick, aber zugleich auch angezogen von der zutiefst menschlichen Art des Mannes. Er erinnert sie an jemanden. Einen früheren Freund. Maurice. Den bildschönen Maurice. „Man muss den Menschen erscheinen“, pflegte er zu sagen. Seit dem Krieg ist er verschollen. Oder doch nicht?

Muck stellt den 70 Kapiteln ein selbst verfasstes Vorwort voran. In knackiger Kürze fasst er zusammen: „In diesem Roman wurden Lebensläufe und Schicksale einer Handvoll gänzlich unterschiedlicher Menschen auf wundersame Weise miteinander verwoben, deren Wege sich auf einem überschaubaren Stück Heimat immer wieder kreuzten.“ Außerdem schlägt er gekonnt den Bogen zur Volkssolidarität, deren Botschafter er ist und deren Mitglied auch Tine Schulze-Gerlach war. „Dass es diese humanistische Haltung immer noch und in großem Ausmaß gibt, das hätte meiner Mutter gefallen“, spricht er da. „Sie hat diese Einstellung gelebt, geliebt, beschrieben, ja beschworen.“

Die Volkssolidarität hat dieses Projekt nicht nur finanziert und sich damit selbst ein Kulturgeschenk zum 70. Bestehen gemacht – auch die Idee, dass Muck ein Werk seiner Mutter als Hörbuch einliest, kommt aus der Familie von Frank Stritzke, Chef der Volkssolidarität Elbtalkreis-Meißen e.V. Hartmut Schulze-Gerlach war schnell begeistert von dem Vorschlag, erzählt er zur Präsentation. So kann er mit seiner Stimme ein Werk seiner Mutter lebendig erhalten. Einer Mutter, die ihm zu Schulzeiten auch Blaue Briefe wegen Wettpinkelei und Busengrapscherei nicht krumm nahm.

Zur ausverkauften Hörbuch-Vorstellung im Kulturbahnhof sitzen Gunther Emmerlich und Linda Feller in der ersten Reihe. Muck liest einzelne Kapitel. In äußerst unterhaltsamer Weise. Die im ganzen Buch verstreuten Radebeul-Beschreibungen muss jeder ganz für sich beim Anhören entdecken. Zumal Tine Schulze-Gerlach viele Namen von Straßen und Plätzen kreativ verkürzte. Die eingesprochene Version klingt nach Muck: locker, heiter, flott.

Das Hörbuch ist in der Radebeuler Geschäftsstelle der Volkssolidarität erhältlich. Bestellungen sind via 0351 897220 oder [email protected] möglich. Mitglieder zahlen bis Ende des Jahres nur 5 Euro. Der normale Preis beträgt 12 Euro plus Versand.