SZ +
Merken

Müssen wir die Wölfe fürchten?

Der Wolf rückt immer näher. Viele Einheimische sehen das skeptisch. Sie machen sich aus verschiedenen Gründen Sorgen.

Teilen
Folgen

Von Mandy Schaks

Noch keiner hat einen Wolf in der Region zu Gesicht bekommen. Trotzdem ist die Bevölkerung zum Teil schon beunruhigt. Das zeigte sich auch beim Forum zum Wolf, zu dem die Stiftung Naturbewahrung Osterzgebirge am Mittwochabend nach Schellerhau eingeladen hatte. Gut 200 Besucher waren ins Hotel Stephanshöhe gekommen, um sich zur Lage zu informieren und ihre Sorgen und Ängste oder auch nur Fragen an Behörden und Wolfsexperten loszuwerden. Die SZ fasst wichtige Aspekte zusammen.

Wird der Wolf überhaupt ausreichend Nahrung in der Natur finden?

Seit 1996 lebt der Wolf wieder in Sachsen. Zurzeit gibt es acht Rudel mit etwa 55 Tieren. Eines davon ist im Landkreis angekommen. Es wurde Ende vorigen Jahres im Hohwald nachgewiesen. Wo sich der Wolf niederlässt, hängt maßgeblich vom Nahrungsangebot ab. Und der Tisch scheint in der Natur reichlich gedeckt zu sein. Denn bislang gebe es noch keine Anzeichen, dass der Wildbestand zurückgegangen ist, sagt Bernd Dankert vom sächsischen Umweltministerium. Ein Wolf benötige ungefähr vier Kilo Nahrung pro Tag. Nach bisherigen Erkenntnissen ernährt sich Isegrim hauptsächlich von Schalenwild, vor allem von Rehen, aber auch Rothirschen und Wildschweinen. Haustiere kommen Dankert zufolge eher zufällig auf den Speiseplan. Ihr Anteil liegt unter einem Prozent.

Wird das Futter aber nicht knapp,

je mehr sich die Wölfe vermehren?

Wie sich das entwickelt, kann noch keiner sagen. Es gibt Studien und Theorien, aber noch keine Belege. Das muss weiter erforscht werden. Ziel nach den internationalen Naturschutzabkommen sei es, dass der Wolf künftig in ganz Europa flächendeckend vorkommt, sagt Bernd Dankert. Er geht davon aus, dass es in den nächsten fünf bis zehn Jahren in allen Bundesländern Wölfe geben wird. Dabei zeichnet sich ab, dass es zumindest eng fürs Muffelwild wird. Mufflons sind erfahrungsgemäß leichtere Beute als zum Beispiel Rehe.

Wie gefährlich leben Schafe und Ziegen in Wolfsgebieten?

Der Wolf verhält sich nicht anders als der Mensch: Wenn er leicht an Nahrung kommen kann, wird er zulangen. Das ist leider auch schon passiert. Übergriffe auf größere Nutztiere wie Pferde oder Kühe seien dagegen relativ selten, sagt André Klingenberger vom Sachsenforst. Diese würden sich auch von Natur aus ziemlich zur Wehr setzen. Dennoch sind auch die Halter in solchen Regionen und im Umkreis von etwa 30 Kilometern aufgefordert, Vorkehrungen zu treffen und ihre Tiere zu schützen wie mit Elektrozäunen oder festen Koppeln. 60 Prozent der Kosten werden gefördert. Sollte dennoch der Wolf nachweislich ein Tier reißen oder verletzen, werden dann Entschädigungen gezahlt.

Was kostet das alles dem Staat und damit den Bürgern?

Etwa 200 000 Euro wurden dafür nach Angaben des Umweltministeriums im Vorjahr ausgegeben. Damit wurden neben Präventionsschutz und Entschädigungen zum Beispiel auch genetische Untersuchungen, Forschungen und das Kontaktbüro „Wolfsregion Lausitz“ finanziert.

Und wo bleibt der Mensch bei

dem ganzen Wolfsschutz?

Einheimische haben existenzielle Sorgen. Sie befürchten Schäden für den Tourismus und bei der Nutztierhaltung. Um die Konflikte zu minimieren, gebe es die Fördermöglichkeiten, sagt Bernd Dankert. Er geht auch nicht davon aus, dass die Wölfe, wie oft kritisiert, dem Menschen im Normalfall gefährlich werden könnten.

„Die Wölfe warten nicht auf uns und suchen uns“, sagt er. „Sie gehen uns im Wesentlichen aus dem Weg.“ Sollten sie es nicht tun, auffällig und zur Bedrohung werden, gebe es schon heute die Möglichkeit einzugreifen. Deshalb sei es wichtig, Hinweise sofort zu melden, zum Beispiel im Landratsamt, 03501 5153438 oder 03501 5153433. Bislang gebe es keine Anzeichen, dass der Wolf seine Scheu verloren hat.