Von Stefan Schramm
Internationale Autoschieberbanden sorgen in der Grenzregion immer wieder für Unruhe. Sie brechen in Fahrzeuge ein, starten sie und machen sich auf schnellstem Wege auf ins osteuropäische Ausland, wo sie ihre Beute weiterverkaufen. Zurück bleiben wütende Eigentümer, die ihr Hab und Gut verloren haben und oft auf hohen Kosten sitzen bleiben. Diese Gelder sind längst in die Taschen der Auftraggeber der Diebstähle geflossen. Die eigentlichen Langfinger, die die Autos über die Grenze bringen, sehen nur einen Bruchteil davon, müssen aber am häufigsten dafür geradestehen. So lief es auch für den 38-jährigen Stanislav M. und seinen sieben Jahre älteren Komplizen Ladislav M. – den beiden Tschechen wurde vor dem Landgericht Bautzen zwei Wochen lang der Prozess gemacht. Er ging jetzt zu Ende. Das Gericht sah als erwiesen an, dass beide in über 50 Fällen an Beutezügen einer Bande in der Oberlausitz und der Sächsischen Schweiz beteiligt waren. Sie hatten es Ende 2012 auf Multicars abgesehen, Anfang 2013 gerieten dann doppelachsige Pkw-Anhänger in ihr Visier. Allein der Stehlschaden beträgt 250 000 Euro, hinzu kommen Sachschäden.
In vielen Oberlandgemeinden stahlen die Angeklagten nachweislich Hänger und Multicars: fünfmal in Ebersbach, in Oppach, Eibau, Seifhennersdorf, und Kottmarsdorf. Auch in Neusalza-Spremberg wurden sie fündig. Einen besonders hohen Schaden hinterließen die Diebe in einer Novembernacht 2012 in Wehrsdorf. Dort drangen sie in ein Firmengelände ein und machten sich an drei Multicars zu schaffen. Einer der Kleinlaster ließ sich nicht starten, den zweiten setzte Stanislav M. auf der Flucht in einen Löschteich und verursachte so einen Totalschaden. Mit dem dritten Multicar fuhr einer der Täter Richtung Grenze. Einer Polizeistreife fiel das nachts selten anzutreffende Fahrzeug auf. Sie verfolgte es, dennoch konnten alle Täter entkommen. Auf tschechischer Seite wurden sie erneut kontrolliert. Vier Bandenmitglieder saßen in einem Auto, Stanislav M. war zu Fuß unterwegs – mit völlig durchnässten Klamotten. Bei den späteren Ermittlungen mussten die deutschen und tschechischen Beamten nur noch eins und eins zusammenzählen. Ein Görlitzer Kriminalpolizist, der sich in einer Sonderkommission mit Kfz-Diebstählen beschäftigt, sagte vor Gericht als Zeuge aus. „Kurz vor mehreren Tatzeiten wurden beide Angeklagte bei Kontrollen gemeinsam in Autos gesehen, danach immer nur einer“, so der Beamte. Denn der andere Täter saß dann in der Regel am Steuer eines in Deutschland frisch gestohlenen Fahrzeugs. In zwei sichergestellten Multicars, die in Neugersdorf und Cunewalde entwendet worden waren, sicherten die Ermittler Spuren, die zu Stanislav M. führten. Im Juni 2013 wurde er in Sebnitz festgenommen. Ladislav M. saß zu dem Zeitpunkt schon wegen ähnlicher Delikte in Haft.
Bei den Vernehmungen arbeitete Stanislav M. sehr gut mit, gab Details und Namen von Hintermännern preis. „Ohne seine Aussagen wäre die Beweislage schwierig gewesen, wir hätten nur drei, vier Fälle aufklären können“, so der Kripo-Beamte. Das kam dem Angeklagten zugute. Er erhielt eine Gesamtstrafe von drei Jahren Haft. Sein Komplize muss ein halbes Jahr mehr absitzen. Er sagte später die Wahrheit, hat ein längeres Vorstrafenverzeichnis und „verdiente“ durch seine Taten mehr Geld. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.