Musealer Koloss schleppt auf der Elbe

Der vor der Verschrottung gerettete und letzte aktive sowie original erhaltene Heckradschlepper auf der Elbe, der historische Beskydy, ist erstmals nach dreieinhalb Jahren wieder auf deutscher Seite zwischen Schmilka, Pirna, Heidenau und Dresden unterwegs gewesen. Der museale Koloss hat einen riesigen mit Kesseln beladenen Schubverband – mehr als 200 Meter lang - durchs Elbtal vom Dresdner Alberthafen nach Tschechien gezogen. Damit hat er den Platz vom deutschen Schubschiff Edda eingenommen, der ursprünglich den Tanker-Transport übernehmen sollte. Da der Wasserstand in den vergangenen Tagen jedoch wieder zurückgegangen ist, wurde auf den einzigartigen Beskydy-Schlepper zurückgegriffen.
Taucht der Beskydy im deutschen Strombereich auf, war und ist das meist ein Anzeichen für einen kommenden wechselnden niedrigeren Wasserstand. Er hilft Frachtschiffen, den kritischen Abschnitt nahe der deutsch-tschechischen Grenze zwischen Dresden und Ústí nad Labem zu überwinden. Wegen seines geringen Tiefgangs von nur 90 Zentimetern war und ist er besonders als Schlepphilfe u.a. für Schubverbände bei Niedrigwasser auf der oberen Elbe unterwegs. Hat der Beskydy einen Frachter im Schlepp kann der trotz eines niedrigen Wasserstandes die Elbe passieren. Durch die Zugleistung kann sich der Tiefgang der geschleppten Schiffe auch noch um bis 15 Zentimetern erhöhen, berichtet Beskydy-Kapitän Vladimir Weinlich, der seit 2000 das Kommando an Deck hat.
Hingegen hat das deutsche Schubschiff Edda einen Tiefgang von 1,20 Meter und hätte womöglich nach dem Transport nicht mehr nach Deutschland zurückkehren können, berichtet Mario Hofmann von der Fachgruppe Elbeschiffahrt. Da es erneut lange nicht geregnet hat, müssen die Schiffer damit rechnen, dass der Güterverkehr auf der Elbe schon bald wieder zum Erliegen kommen könnte. Der Beskydy war deshalb zunächst auf der Elbe von Děčín (Tetschen) bis nach Dresden in den Alberthafen gefahren. Dort an der Liegestelle wurden die Kesselbehälter von einem aus Hamburg gekommenen Schubverband auf den tschechischen Koppel- bzw. Schubverband beladen, so Hofmann.

Die Beskydy mit dem mehr als 200 Meter langen Schubverband hatte bei seiner Fahrt durch das Elbsandsteingebirge zunächst einen Zwischenstopp zwischen Schmilka und Hřensko eingelegt und dort am Landungssteg festgemacht. Nach einer Nacht am Ufer setzte er dann die Fahrt weiter stromaufwärts auf der tschechischen Unterelbe bis vor die Schleuse Střekov kurz vor Ústí nad Labem fort. Hinter der Staustufe weiter stromaufwärts bis zum Ziel Lovosice wurde der Schlepper aufgrund anderer Wasserverhältnisse dann nicht mehr gebraucht.
Zuletzt war das Schiff zweimal im Jahr 2016 auf deutschem Hoheitsgebiet. Im Oktober hatte er auf Einladung des Gastwirtes in Pirna-Obervogelgesang für Besucher festgemacht. Technisch Interessierte und Nostalgiefans konnten dort an Bord des 60 Jahre alten Koloss kommen und sich den Veteranen hautnah anschauen. Sie war von der Technik verblüfft: Eine Acht-Zylinder-Maschine im Bug überträgt per 40 Meter langer Antriebswelle die Kraft auf Höhe der Wasserlinie nach achtern. Über ein pfeilverzahntes Ritzel wird ein Tellerrad mit zwei Meter Durchmesser und in der Folge das Schaufelrad im Heck angetrieben. Zuvor hatte der Beskydy im März in Dresden mitgeholfen, das quer vor der Albertbrücke liegende Motorgüterschiff „Albis“ nach der Havarie freizuziehen.
Das museale Überbleibsel Beskydy - ein 57,50 Meter langer und 9,40 Meter breiter Schlepper, der von einem 500 PS starken Skoda-Dieselmotor (acht Zylinder) angetrieben - ist der einzige seiner Art in Europa, der noch im aktiven Dienst ist. Er wurde Ende 2012 nach dem Druck von tschechischen und deutschen Schiffsfreunden in letzter Minute vor dem Hochofen gerettet und ist voll funktionsfähig. Es ist eines von ursprünglich zwölf Heckradschleppern, die einst die tschechische Staatsreederei hatte, so Mario Hofmann.
Drei Heckradschlepper dieser Bauart existieren noch – eines als Fahrgastschiff oder Gaststätte auf der Moldau in Prag oder eines als Museumsschiff auf der Spree in Berlin. Eigentlich sollte der 1956 gebaute Beskydy längst aus dem Verkehr gezogen werden. Am Schiffsrumpf hatte arg der Zahn der Zeit genagt, die technische Sicherheit stand in Frage und Geld für die Sanierung fehlte. Es drohte, ein Abschied für immer und zugleich das Ende einer fast 150-jährigen Ära der Radschleppschiffe.
Trotz der nach wie vor kostspieligen Instandhaltung und Wartung sowie stark rückläufiger Schleppaufträge und nach mehreren Diskussionen ihn zu verschrotten, kaufte der Staat im November 2016 den Beskydy. Seitdem gehört er dem tschechischen Verkehrsministerium in Prag. Er wurde rekonstruiert und steht seitdem wieder für Sondereinsätze bereit und wenn es gilt, Fracht- oder auch Passagierschiffe unter schwierigen Bedingungen zu navigieren. Vor zwei Jahren wurde er zum technischen Denkmal erklärt.