Von Andreas Kirschke
Wir sagen Nein - zur Sklaverei“, hallt es aus über 200 Kinderkehlen. Immer wieder singen sie in der Marienkirche vom Auszug der Hebräer aus Ägypten. Von deren langen, beschwerlichen, opferreichen Marsch. Von ihrer Befreiung aus den Fesseln der Sklaverei des Pharaos. Das Kindermusical „Israel in Ägypten“ von Thomas Riegler – aufgeführt zum Kurrendetag während des 1. Sächsischen Chortreffens – fordert die Kinder heraus.
Aus ganz Ostsachsen kommen sie. Sie lesen von den Lippen und Händen des Dirigenten Christian Kühne. Die Kinder singen von Plagen, die Moses dem unnachgiebigen Pharao sendet. Vom blutgefärbten Nil. Von Stechfliegen, Viehpest, Hagel, Heuschrecken. Von Finsternis und Tod.
Idee entstand vor drei Jahren
„Noch heute Morgen haben wir alle zusammen hier geübt“, schildert Erika Haufe, Kantorin der ev.-luth. Gemeinde Gröditz. Monate zuvor schon studierte jede Kurrende das Stück für sich ein. Die Idee entstand 2003. „Damals weilten 2000(!) Kinder zum Kurrendetreffen in Dresden“, sagt Christian Kühne. „Die Idee kam auf: wir wollen nicht nur landkreisweise, sondern für den ganzen Kulturraum Oberlausitz-Niederschlesien ein solches Treffen organisieren.“ Christian Kühne engagiert sich als Vorsitzender der Arbeitsgruppe Kirchenmusik im Kulturraum. Das Kindermusical führt den Löbauer in seine Geburtsstadt Kamenz zurück. Hat er doch oft als Kind in der Marienkirche gesungen. Mit viel Aufwand koordinierte er das Musical. Musik, so erzählt er, erhebt die Seele. „Man kann umsetzen, was einen berührt.“. Für Birgit Kühnel, Kantorin von Putzkau/Schmölln/Tröbigau/Demitz-Thumitz, zählt vor allem das gemeinsame Erlebnis. Mit 23 Kindern weilt sie in Kamenz. „Es ist einfach schön, wie Kinder an dieser Aufgabe wachsen“, sagt Matthias Pfund, Kantor der ev.-luth. St. Petri-Gemeinde Bautzen. Kantorin Bettina Pötschke (Wilthen) will das Musical am 16. Juli in ihrer Gemeinde aufführen. „Die Kinder singen es gern.“ Eben das aktive Singen, so betont sie, führt aus der Bequemlichkeit, der hoch-technisierten Medienwelt und dem sich-stetig-Berieseln-lassen heraus. Weil es Herz und Geist fordert. „Es müsste viel mehr gesungen werden“, meint sie nachdenklich. „Im Allgemeingut verliert sich das Singen immer mehr. Franziska Pröger, Florian Sauer, Bianca König, Jessica Wagner, Andreas Pötschke und Isabell Schütze sind von der Kurrende Wilthen. „Schade, dass so wenig Publikum da ist. Die Veranstaltungen sollten besser abgeglichen sein“, findet Mutti Katrin Wagner.
1 800 Teilnehmer aus 45 Chören eint das 1. Sächsische Chortreffen insgesamt. Der Sächsische Musikrat hat es in der Innenstadt und auf dem Hutberg organisiert. Spitzenchöre wie das Sächsische Kam-merorchester, das Sächsische Vokalensemble oder vocal modern sind ebenso vertreten wie Stadt-, Kirchen-, Jugend- und Volkschöre.
Viele mischen sich Sonnabendnachmittag in die Schar am Rathaus. „… das ist live. Kann ich mal ein C haben?“ stimmt Klaus Hähnel (Gotha), begleitet von Heiko Reinsch (Leipzig) am Klavier, zum offenen Singen an. „Singen, das macht Laune“, singen die Gäste mit. „Singen, das macht froh.“ Klaus Hähnel, Musiklehrer im Ruhestand und früher 33 Jahre Leiter des Gothaer Kinderchors, setzt fort. „Wenn alle Brünnlein fließen“ und „Im Frühtau zu Berge“ hallt es über den Markt. Selbst an das etwas schwierigere Lied „Frisch auf, ihr Bergleut auf“ wagt sich Klaus Hähnel mit den Gästen heran. Und das zweistimmig! „Das muss wie eine Aufforderung sein. Ihr singt, als wäre es nichts Besonderes“, entlockt er den Gästen elegantere Töne. „Eine wunderbare Sache, solch ein Chortreffen“, findet Gerhard Schütze aus Cunewalde. „Vor allem, dass man zum offenen Singen einlädt.“ Vor Jahren schon weilte er in Kamenz. In der Marienkirche sang er mit der Löbauer Kantorei das „Brahms-Requiem“. Diesmal wirkt Gerhard Schütze mit insgesamt 300 Sängern aus zehn Chören bei Joseph Haydns „Die Schöpfung“ mit.
In Englisch, Jiddisch, Italienisch, Französisch, Lateinisch und Deutsch begeistert der Oskar-Reime-Chor des Gymnasiums Delitzsch. Er zeigt Ausschnitte aus seinem Sommerprogramm. Seit 1993 besteht der Chor, in dem 51 Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren singen. „Gut wäre, solche Chortreffen stärker zu zentralisieren. Man sollte noch mehr Jugendchöre einbeziehen“, merkt Leiterin Sylvia Alltag, Lehrerin für Musik und Geschichte, kritisch an. Sachsenweit, so erzählt sie, finden eben heute auch andere Chortreffen statt. Zur gleichen Zeit! Mehr Abstimmung und Koordinierung ist gefragt.S.25