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Mut zum guten Benehmen

Jugendweiheteilnehmer wollen wissen, wie man sich mit Höflichkeit und Anstand in der Welt der Erwachsenen behauptet.

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Von Frank Fischer

Sechs Mädchen und acht Jungen stehen im Halbkreis vor einem Tisch und wollen sich beim Frage- und Antwort-Spiel nicht blamieren. Der Fragesteller ist Tanzlehrer Thomas Matzke, und er will von seinen Schülern wissen, wie eine festliche Tafel zum Mittagessen stilecht eingedeckt werden muss. Während René genau weiß, dass der tiefe Teller auf dem flachen Teller zu stehen hat, rätselt Merit, wie das Besteck liegen muss, wo das Trinkglas hingehört und wo die Serviette liegen sollte.

Die 14 Schüler sind in die Görlitzer Tanzschule gekommen, weil sie an einem Benimmkurs teilnehmen wollen. Alle vereint die gleiche Absicht – sie wollen noch vor ihrer bevorstehenden Jugendweihe lernen, wie man sich mit Höflichkeit und Anstand in der Welt der Erwachsenen behaupten kann.

Neugierig auf die Tanzschritte

Sandra Schäfer hat aus der Jugendweihezeitung von diesem Kurs erfahren und nicht gezögert, daran teilzunehmen. „Es ist schon interessant, was man alles wissen sollte, um in der Öffentlichkeit eine gute Figur zu machen“, findet die Gymnasiastin. Besonders neugierig sei sie auf ihre ersten Tanzschritte unter Leitung eines Tanzlehrers gewesen und was man unter guten Tischmanieren versteht.

„Toll, dass ich seit heute weiß, wofür eigentlich die Serviette da ist“, sagt sie. Vor allem, um sich den Mund abzuwischen, bevor man während des Essens zum Glas greift.

Für Matthias Schmidt und seinen Freund ist dieser Benimm-Kurs eine ganz neue Erfahrung. Auch wenn beide zwischendurch mal miteinander tuscheln und zu mehr Aufmerksamkeit ermahnt werden müssen. „Der Herr Matzke erklärt das so cool, dass wir manchmal noch unseren eigenen Senf dazugeben müssen“, entschuldigt sich Matthias. Natürlich spricht Thomas Matzke auch über andere Benimmregeln. Dabei kann er feststellen, dass die Schüler durch ihre interessanten Fragen fleißig zur Unterrichtsgestaltung beitragen. „Meine Cousine ist Lehrerin – kann ich trotzdem zu ihr Du sagen?“, will ein Mädchen wissen. Die Antwort ist kurz und einleuchtend. Im Privatleben gilt das Du, in der Schule das Sie. Ein anderer Fragesteller reibt sich die Hände, als er wissen möchte, ob man seinen Lehrer auch grüßen muss, wenn man ihm am gleichen Tag auf der Straße noch einmal begegnet. Thomas Matze antwortet mit ja, weil der Lehrer beim zweiten Mal von seinem Schüler als Privatperson zu betrachten ist.

Broiler mit den Fingern essen?

Wann muss ich beim Vorstellen einer Person, dem anderen die Hand geben, wie verhält es sich, wenn man einer anderen Person die Tür aufhält, verzehrt man den Broiler mit Besteck oder mit den Fingern, welche Kleiderordnung gilt für welche Anlässe? Die Fragen der Schüler reißen nicht ab, und Thomas Matzke freut sich natürlich, dass er sie alle zu beantworten weiß.

Zum abschließenden Höhepunkt geht es dann aufs Tanzparkett. Die ersten Schritte des Discofox werden geübt, und das sieht bei den meisten Paaren noch aus wie ein Tanz auf rohen Eiern. Die Blickkontakte verraten es – mit jeder Minute gewinnen die meisten Tanzpartner an Selbstvertrauen und bekommen von ihrem Lehrer dafür auch bessere Haltungsnoten ausgestellt.

Nach 90 Minuten kann Thomas Matzke zufrieden feststellen: „Es war zu spüren, dass die Schüler Spaß an dieser Aufklärungsarbeit hatten und sich zum ersten Mal ernsthaft Gedanken über Benimmregeln gemacht haben.“