Gaby D.* (20) tanzte gerne, und sie tanzte oft. Meistens die ganze Nacht lang in der Dance Factory, Neustadt – weit weg von ihrer Wohnung im Bereich Leuben. Dort ließ sie ihr Baby Kevin (Name geändert), gerade zehn Monate alt, allein zurück. Zweimal haben Bekannte oder Nachbarn die Polizei gerufen, weil der Junge erbärmlich geschrien hatte. Das war im April 2006. Gesten musste sich die Mutter wegen Verletzung der Fürsorge- und Erziehungspflicht am Amtsgericht Dresden verantworten. Laut Staatsanwalt hatte sie ihr Kind bis zu 15 Stunden alleine gelassen. Die Angeklagte hat sich nicht zu den Vorwürfen geäußert.
Den Beamten, die die Türe öffnen ließen, um nach Kevin zu sehen, muss sich in der verwahrlosten Wohnung ein erschreckendes Bild geboten haben: Dreckige Windeln lagen auf dem Boden verstreut, im Abwasch türmte sich das Geschirr. Nur Kevin strahlte, wohl weil Hilfe nahte. Ein ganzes Fläschchen habe er beim ersten Besuch der Polizei verputzt. Bei der zweiten Wohnungsöffnung, am Sonnabend, 29. April, 11Uhr, kam es noch schlimmer: Kevin musste vom Notarzt in die Uniklinik eingewiesen werden – mit Unterkühlungs-Verdacht. „Seine Hände waren schon blau angelaufen“, sagte eine Polizistin. Mutter D. habe da schon am Vorabend, um 20 Uhr, die Wohnung verlassen. In der Klinik wurde festgestellt, dass Kevin zwar nicht unterernährt war, er jedoch an Entwicklungsdefiziten litt. Kevin lebt nun in einer Pflegefamilie. Seine Mutter hofft, ihn eines Tages wieder nehmen zu können.
Gaby D. ist ohne Beruf und arbeitslos. Sie lebte als Jugendliche in einer Wohngruppe, nachdem es in ihrer Familie ernste Probleme gegeben hatte. Als junge Mutter hatte sie eine eigene Wohnung und wurde sogar von einer Familienhelferin betreut – sechs Stunden pro Woche. Dem Kind hat das offenbar auch nicht geholfen. Richterin Susanne Burbach-Wieth verurteilte die vorbestrafte Schwarzfahrerin zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten auf Bewährung und monatlich 20 Stunden gemeinnütziger Arbeit.
* Name geändert