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Muttertag hoch 13

Christiane Biedermann bekommt morgen viele Anrufe: Sie ist Mutter einer Großfamilie.

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Von Carina Brestrich

Christiane Biedermann hat alle Daten sofort parat. Wie jede Mutter kann sie fehlerfrei und wie aus der Pistole geschossen Alter, Geburtsdatum und andere wichtige Zahlen rund um ihre Kinder aufzählen. Dabei wäre es absolut verzeihlich, wenn da mal was nicht stimmt. Immerhin hat Christiane Biedermann das alles nicht nur für 1,38 Kinder im Kopf, wie die deutsche Durchschnittsmutter. Nein, Durchschnitt ist bei der Herrnhuter Familie gar nichts: 13 Kinder haben Christiane und Klaus Biedermann großgezogen.

„Wir waren uns von Anfang an einig, dass wir viele Kinder haben wollen“, sagt Christiane Biedermann. Die aufgereihten Brottaschen im Kindergarten haben sie schon als Mädchen fasziniert. „Ich glaube, das war der Auslöser, dass ich mir eine Großfamilie gewünscht hab.“ Heute leben die neun Töchter und vier Söhne in ganz Deutschland verteilt und teils auch im Ausland. „Ja, es ist ein wenig ruhiger geworden“, sagt die 69-Jährige.

Nicht nur, weil die Kinder raus sind. Auch weil die vielen Umzüge in der Herrnhuter Wohnung, in der Christiane und Klaus Biedermann heute leben, ihr Ende gefunden haben. Die Biedermanns sind Mitglieder der Herrnhuter Brüdergemeine, Vater Klaus ist Pfarrer. Oft haben sie deshalb die Umzugskisten gepackt, anfangs noch mit allen Kindern. „Es war schwer für sie, denn sie hatten ja nie Lust dazu“, sagt Christiane Biedermann.

Lust hatten sie auch nicht immer auf Großfamilie. Neunzehneinhalb Jahre liegen zwischen dem ältesten und dem jüngsten Kind. „Die älteste Tochter hat sich irgendwann geschämt, als ich wieder einmal schwanger wurde“, erinnert sich Christiane Biedermann, die ihre letztes Kind mit 42 Jahren bekam. Doch heute seien alle froh, dass sie mit so vielen Geschwistern aufgewachsen sind. „Der Zusammenhalt unter uns allen ist groß“, sagt die gelernte Gemeindediakonin. Dass das so ist, führt Christiane Biedermann neben Liebe, Vertrauen und Erziehung auch auf eins zurück: „Die Kinder standen nie so im Mittelpunkt, wie es Kinder heutzutage tun“, sagt sie. Stattdessen sei die Beziehung zum Partner wichtig: „Denn wenn die stabil ist, und wenn man sich gegenseitig Halt gibt, dann klappt auch alles andere“, sagt sie.

Dabei musste Christiane Biedermann selbst oft auf ihren Mann verzichten. Durch seinen Beruf sei er wenig zu Hause gewesen. Oft war die 13-fache Mutter allein mit den Kindern. Sie selbst unterrichtete zwar zeitweise in der Schule Christenlehre, leitete Kindergottesdienste oder den Chor. Doch Vollzeit arbeiten gehen konnte sie nie. „Aber das habe ich auch nicht vermisst. Meine Familie hat mich ausgefüllt. Das hat mich befriedigt.“

Auf Verständnis ist sie mit dieser Ansicht nicht immer gestoßen. „Ich erinnere mich noch an die Blicke, als ich mich in einem Elternabend mal als einzige Mutter als nicht-berufstätig outen musste“, sagt sie. Überhaupt habe es manchmal schräge Blicke und blöde Sprüche gegeben. „Mit 13 Kindern waren wir damals schon eine Ausnahme. Und da gab es eben auch Leute, die uns für asozial gehalten haben“, erzählt Christiane Biedermann. „Ich hab deshalb meinen Kindern immer gesagt: Zeigt in der Schule, dass ihr nicht dumm seid.“

Und tatsächlich sei heute aus jedem ihrer Kinder etwas geworden, sagt sie stolz: „Wenn ich jetzt zurückblicke, dann weiß ich, dass sich die ganze Arbeit gelohnt hat.“ Aufgehört hat die allerdings bis heute nicht, obwohl alle Kinder erwachsen und aus dem Haus sind. „Wir pflegen alle einen engen Kontakt und wir sind nach wie vor für jedes unserer Kinder gleichermaßen da“, sagt Christiane Biedermann. Das funktioniere, auch wenn alle so verstreut sind. Im Sommer werden sie samt der 16 Enkelkinder aber wieder beisammen sein. Dann nämlich sehen sich die Biedermanns zu ihrem alljährlichen Familientreffen.