Von Peter Anderson
Freiberg. Sie sollten den toten Fürsten mit ihrer Musik die Zeit vertreiben: die Putten auf dem Sims der Wettinischen Begräbniskapelle im Freiberger Dom. Dass die Innenausstatter des 16. Jahrhunderts dabei sogar so weit gingen, den feisten Knaben echte Instrumente in die Hände zu geben, zeigte sich bei Restaurierungsarbeiten im vergangenen Jahr: Unter dicken Goldbronze-Schichten kamen wertvolle Renaissance-Instrumente wie Cister, Laute, Schalmeien und Zinken zum Vorschein. Zur zweiten Sächsischen Landesausstellung „Glaube und Macht. Sachsen im Europa der Reformationszeit“ 2004 in Torgau sollen nach ihrem Vorbild gefertigte Nachbauten nicht nur zu sehen, sondern auch zu hören sein.
„Die Instrumente sind sehr empfindlich“, sagt Gunter Ziegenhals, der Geschäftsführer des Instituts für Musikinstrumentenbau im Vogtländischen Zwota. Deshalb fuhren er und seine Mitarbeiter nach Leipzig ins Musikinstrumenten-Museum der Universität, um dort an ihrem neuen Aufbewahrungsort die Blasinstrumente zu vermessen. „Bei manchen fehlt die Innenbohrung. Da wurden den Putten also nur Halbfabrikate in die Hand gegeben“, so Ziegenhals. Andere Instrumente seien hingegen vollständig fertig und spielbar. Im Frühjahr, wenn die Temperaturen milder geworden sind, will Ziegenhals dann die Zupf- und Streichinstrumente nach Zwota holen, damit diese ebenfalls exakt vermessen werden können. Die Ergebnisse der akustischen Tests sollen später dazu dienen, die Nachbauten auf ihre Übereinstimmung mit den historischen Vorbildern zu überprüfen. Dass dieses aufwendige Verfahren möglich wurde, ist vor allem der Ostdeutschen Sparkassenstiftung zu verdanken. „Es gibt keinen vergleichbaren Fund in der Musikwelt“, sagt Patricia Werner, die stellvertretende Vorsitzende der Stiftung. Deshalb habe sich ihr Institut auch sehr schnell entschlossen, die Mittel aufzubringen. „Der Aufwand ist kein geringer“, so Werner, die keine konkreteren Zahlen nennen will. Die Förderung von Musik und vor allem Musikinstrumenten liege den Sparkassen sei jeher am Herzen. Dieses Jahr plant ihre Stiftung, begabte Kinder aus ostdeutschen Haushalten mit Geigen auszurüsten.
Einer, der 2004 sicher die Chance haben wird, eines der nachgebauten Instrumente spielen zu dürfen, ist der Dresdner Musikvirtuose Thomas Friedländer. Der Zink, ein mittelalterliches Holzblasinstrument mit Griffen wie bei einer Flöte und einem trompetenähnlichen Mundstück, zählt zu seinen Lieblingsinstrumenten. „Speziell in Italien war der Zink sehr beliebt, weil seine Klangfärbung angeblich der menschlichen Stimme am nächsten kommt“, sagt Friedländer. Der Sächsischen Hofkapellmeisters Heinrich Schütz habe viele Stücke für dieses Instrument komponiert. Selbst bei Johann Sebastian Bach fänden sich noch einige Zink-Kompositionen. Trotzdem sei der Klang sehr modern, durchaus nicht museumshaft. „Zum Glätten wurde damals kein Sandpapier benutzt. Die Innenflächen wurden rau gelassen. Das hört man“, sagt Friedländer. Als sehr sinnlich und einfach wunderbar beschreibt er den Ton des Instruments.