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Nachdenkliche und humorvolle Klänge

Bernd Pittkunings gestaltet am Samstag ein Programm zum Sorbischen Nachmittag in der Kulturscheune Dreiweibern.

Von Andreas Kirschke
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Der sorbische Liederpoet und Kabarettist Bernd Pittkunings aus Cottbus singt sein eigenes Lied und bleibt seinem Leitmotiv treu. Am 22. Juni gestaltet er den Sorbischen Nachmittag ab 15 Uhr in der Kulturscheune Dreiweibern.
Der sorbische Liederpoet und Kabarettist Bernd Pittkunings aus Cottbus singt sein eigenes Lied und bleibt seinem Leitmotiv treu. Am 22. Juni gestaltet er den Sorbischen Nachmittag ab 15 Uhr in der Kulturscheune Dreiweibern. © Foto: privat

Lohsa. Sein aktuelles musikalisches Programm heißt „Drahtseilakt“. Mit Beiträgen auf Obersorbisch, auf Niedersorbisch und auf Deutsch gestaltet der Liederpoet und Kabarettist Bernd Pittkunings aus Cottbus das Programm zum Sorbischen Nachmittag am Samstag, dem 22. Juni, um 15 Uhr in der Kulturscheune Dreiweibern. Dazu laden die Inhaber Anke Konz und Mike Jäger zusammen mit dem Förderverein Begegnungsstätte Zejler-Smoler-Haus Lohsa ein. Über Idee und Inhalte des Programms sprach TAGEBLATT mit dem Künstler.

Herr Pittkunings, der Förderverein Begegnungsstätte Zejler-Smoler-Haus Lohsa lädt Jahr für Jahr zum Sorbischen Abend ein. 2007 und 2010 waren Sie musikalischer Ehrengast. Jetzt sind sie es zur Feier des 25-jährigen Bestehens des Vereins – gestaltet als Sorbischer Nachmittag. Wie finden Sie die Idee der Veranstaltungsreihe?

Gut. Und zwar deshalb, weil so auch Leute, die sonst weder durch die Schule noch durch Verwandtschaft Kontakt mit sorbischer Gegenwartskultur haben, diese erleben und danach auch noch in gemütlicher Runde vor Ort verweilen können.

Wovon erzählt Ihr Programm?

Seit 2002 heißt mein Konzertprogramm mit vorwiegend eigenen Liedern „Drahtseilakt“. Wie jeder Liedermacher will ich mit Texten und Musik anderen erzählen, was mich innerlich bewegt. Ich will mein Publikum zum Nachdenken anregen, was vielleicht sogar zur Veränderung der eigenen Lebensweise führt. Meine Hauptthemen sind seit jeher das Leben in der Lausitz, speziell mit Berücksichtigung des Sorbischen sowie die Bewahrung der Schöpfung und des Friedens.

Auf welche Inhalte können sich die Zuhörer freuen?

Bei jedem meiner Auftritte habe ich vorher einen Ablaufplan, den ich aber je nach Reaktionen aus dem Publikum auf der Bühne verändern kann, weil ich weder von einem Musikkonzern bezahlt werde noch mit Playback arbeite. In Dreiweibern wird der Anteil meiner Lieder auf Obersorbisch größer sein als sonst.

Wo zeigten Sie bereits das Programm „Drahtseilakt“? Und wie war das Echo?

Ich hatte schöne Auftritte in verschiedenen Ländern Europas und in den USA, vor allem aber im Osten Deutschlands. Meine Erkenntnis ist: Gegenwärtig gehen Grundbedingungen für die Literatur verloren – Konzentration, Neugier auf andere Denkmuster, Respekt, Muße, Beherrschung der eigenen Schriftsprache. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass Liederpoeten und Liedermacher in Fernsehshows nicht auftreten, denn ihre Texte sind meistens literarisch. Wer aber nicht bekannt ist, bringt dem Konzertveranstalter keinen Umsatz und spielt deshalb bestenfalls auf kleineren Bühnen. Weil Radio- und Internetsender für ein Zielpublikum, das nach Altersgruppen und nach Produktwerbung unterteilt wird, senden, ist mein Publikum beim „Drahtseilakt“ selten jünger als 40 Jahre.

Was verbindet Sie mit Lohsa und mit dem Förderverein?

Der Förderverein Begegnungsstätte Zejler-Smoler-Haus Lohsa setzt sich wie seine Namensgeber für die Weiterentwicklung der sorbischen Sprache und Kultur und somit für den Erhalt des sorbischen Volkes ein. Das und meine gelegentlichen Auftritte in Lohsa verbinden mich mit dem Verein. Zu mehr Verbindung reichen weder meine Zeit noch mein Geld.

Ihr Leitmotiv heißt „Ich bin Pittkunings. Ich bin ein Sorbe und singe mein eigenes Lied“. Wofür steht das?

Die heutige Gesellschaft gaukelt Vielfalt vor. Aber es ist weder originell, tätowiert zu sein, noch sind Schuhe, die weltweit verkauft werden, „nur für mich gemacht“. Schlagersängerinnen und ihre Texte sind austauschbar, ohne dass der Tausch auffällt. Als junger Erwachsener las ich den Spruch: „Jeder wird als Original geboren, aber die meisten sterben als Kopie.“ Ich nicht. Wenn man seine Existenz als selbstständiger Künstler sichern muss, gehören dazu aber Kompromisse, wie Auftritte für Kinder, für Touristengruppen und bei Familienfeiern, bei denen nicht eigene Lieder gefragt sind, sondern Billigangebote. Mein Stolz ist, dass ich auch bei solchen Veranstaltungen nur Lieder präsentiere, die mir gefallen.

Wie aktuell ist Ihr Programm „Drahtseilakt“?

Obwohl ein Großteil der Lieder und Gedichte fast schon 30 Jahre alt ist, ist das Programm immer noch hochaktuell, denn im Wesentlichen haben sich seit 1995 in Deutschland nur die Preise geändert.

Kann die Veranstaltungsreihe „Sorbischer Abend“ / „Sorbischer Nachmittag“ Lohsaer Einwohner und Besucher ermutigen, wieder mehr Sorbisch miteinander zu sprechen?

Den einen kann es ermuntern, den andern nicht. Um einen positiven Effekt auf die Anwendung der sorbischen Sprache zu haben, muss den Zuhörern vor, während oder nach der Veranstaltung Zeit gegeben werden, sich auf Sorbisch zu unterhalten. Jeder muss sich diese Zeit auch nehmen. Lausitzer rennen oft schon vor dem letzten Lied zur Garderobe, weil sie zu Hause noch vor dem Dunkelwerden Kinder, Hühner und Kühe in Sicherheit bringen müssen, der Wolf ist wieder da.

Der Förderverein feiert 2019 sein 25-jähriges Bestehen. Was wünschen Sie ihm für die Zukunft?

Dem Förderverein wünsche ich besonders, dass ihn auch Leute unterhalb des 50. Lebensjahres unterstützen – egal ob als Mitglied oder als Veranstaltungsbesucher. Gegenwärtig ist es üblich, jegliche Tradition als unnötig zu betrachten – egal ob es sich um Literatur, Musik, Kirche, die Mitgliedschaft in der Feuerwehr oder die sorbische Sprache handelt. Aber die Mode wurde nicht erfunden, um bequemere als die traditionelle Kleidung zu erschaffen, sondern um ständig neue Kleider verkaufen zu können. Das griechische Wort Tradition bedeutet: etwas an die nächste Generation weitergeben. In diesem Sinn wünsche ich dem Förderverein eine erfolgreiche Traditionspflege als Orientierung für die Gegenwart und für die Zukunft der Lausitz.

Der Sorbische Nachmittag findet am 22. Juni in der Kulturscheune Dreiweibern statt. Beginn ist um 15 Uhr – Programm mit Bernd Pittkunings. Gezeigt wird zudem ein Foto-Rückblick auf „25 Jahre Förderverein Begegnungsstätte Zejler-Smoler-Haus Lohsa e. V.“ Weitere Informationen finden Interessierte unter www.pittkunings.com und unter www.zejler-smoler-haus-lohsa.de im Internet.