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Nadelöhr Winterbergstraße

Klagende Händler, genervte Anwohner: Die Sanierung der Fahrbahndecke wird vor Ort zur Belastungsprobe.

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Von Tobias Hoeflich

Nur in eine Richtung drängt sich der Verkehr auf der Winterbergstraße seit Anfang der Woche. Stadtauswärts ist die wichtige Verbindung zwischen Gasanstalt- und Borthener Straße gesperrt. Während sich Auto- und Radfahrer die verbliebene Spur Richtung Großer Garten teilen müssen, haben Bauarbeiter die Fahrbahn der Gegenspur eingenommen. Hinter rot-weißen Bauzäunen eilen sie auf dem Asphalt umher, mannshohe Erdhaufen türmen sich auf dem Straßenbelag. Der muss dringend erneuert werden.

Dafür ist die Winterbergstraße in dem Abschnitt bis Mitte April gesperrt. Auch die Markierungen werden neu aufgetragen. Was für Autofahrer auf lange Sicht positiv ist, bringt die wenigen Händler vor Ort in Schwierigkeiten. Baulärm, Sperrungen, Umleitung – das schreckt Kunden ab. „Natürlich macht sich das bemerkbar“, klagt Daniela Brückner von der Bäckerei Krause. Sie hofft, dass sich die Bauarbeiten nicht verzögern und bald wieder Normalität einkehrt. Schlimm genug, dass der Verkehr derzeit nur in eine Richtung rollt. Das größte Problem sind aber die wegfallenden Parkplätze an den Rändern der Fahrbahn. „Wer nicht gerade zu Fuß herkommt, kann ja nirgends halten.“

Die gleichen Sorgen plagen auch die Bärenapotheke wenige Meter entfernt. Viele der Kunden kommen sonst mit dem Auto, stellen es auf dem Seitenstreifen ab. Aber jetzt – ohne Parkplätze? „Die Kunden suchen sich dann andere Wege“, stellt eine Apotheken-Angestellte resigniert fest. Mit deutlichen Umsatzeinbußen sei in den kommenden Wochen zu rechnen. „Wir werden von den Kunden nicht erreicht, das ist schon dramatisch. Zumal es uns sowieso schon nicht so gut geht.“

Dass die Leute wegbleiben, trifft nicht nur die Apotheke im Erdgeschoss, sondern das gesamte Gebäude mit der Nummer 59. In dem Ärztehaus haben zahlreiche Mediziner und auch eine Physiotherapie seit 1993 ihre Praxen. Ohne Pkw wird die Anreise für die Patienten schwierig. „Es kommen ja viele Leute mit einem Handicap“, erklärt die Apothekerin. Mancher Autofahrer habe sein Fahrzeug schon auf dem Gehweg geparkt. Auch wenn das verboten ist: „Hoffentlich zeigt sich das Ordnungsamt hier gnädig.“

Stau im Berufsverkehr

Auch für Autofahrer ist die Lage indes nicht einfach. Der Verkehr wird stadtauswärts über die Gasanstalt- und Oskar-Röder-Straße gelenkt. An der Kreuzung Lohrmannstraße am Haltepunkt Reick hat die Stadt extra eine Ampel aufgestellt. Die sorgt für Stau – besonders im Berufsverkehr. Dutzende Autos stehen auch gestern Morgen Heck an Heck vor allem in der Gasanstaltstraße. Sichtlich genervt blicken die Fahrer durch die Windschutzscheibe – die linke Hand am Lenkrad, die rechte am Schalthebel. Wer weit hinten steht, hat nicht einmal die Ampel im Blick.

Der enorme Verkehr belastet freilich die Anwohner entlang der Umleitung. Solche Autokolonnen wie derzeit sind sie nicht gewohnt. Morgens und tagsüber bekomme er das nicht mit, sagt etwa Roberto Liebscher. Dann ist der Anwohner der Gasanstaltstraße selbst auf Arbeit. Nachmittags sei es aber deutlich zu spüren. „Zum Glück ist dann nach 17 Uhr wieder Ruhe.“

Wenige Meter entfernt kann Tischlermeister Tom Franz von seiner Werkstatt aus die Autoschlangen beobachten. Da er dort die meiste Zeit werkelt und ungebunden ist, trifft ihn die Umleitung kaum. „Aber gerade den Berufsverkehr morgens und abends sollte man vermeiden“, schätzt Franz ein. Doch gehören Staus nun mal zu den Begleiterscheinungen von Umleitungen. „Was soll man da machen.“

Es bleibt nichts außer abwarten. Am 17. April soll die Asphaltschicht der Winterbergstraße erneuert sein. Für die Arbeiten investiert die Stadt rund 305 000 Euro. Die Händler werden sich freuen, wenn die Autos zurückkehren. Und die Anwohner der Gasanstaltstraße sind froh, wenn sie wieder fort sind.