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Napoleons Glanz und Elend in Dresden

Der letzte Sieg des französischen Kaisers vor 200 Jahren verlängerte die Not der Bevölkerung.

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Von Monika Dänhardt

Büchsen knallen, in der Luft liegt Pulvergeruch, Schmerzensschreie ertönen über dem Schlachtfeld. Beim Betrachten des großen Schaubilds in der neuen Sonderausstellung des Stadtmuseums „Verlorener Sieg – Dresden 1813“ wird dies vorstellbar. Mit vielen Details, von den unterschiedlichen Uniformen über Waffen und Ausrüstungen bis zur historischen Umgebung, wird in diesem so genannten Diorama mit Zinnfiguren die „Schlacht bei Dresden 1813“ nachgestellt. Diese Schlacht konnte Napoleon noch für sich entscheiden. Doch dies verzögerte nur seine endgültige Niederlage. Und für die Dresdner brachte der Sieg mehr Elend nach dem Glanz in der Napoleon-Zeit.

Was passierte vor 200 Jahren Ende August in der Nähe des Großen Gartens? Die verbündeten Armeen verpassten eine Chance gegen Napoleon und sein Heer. Hätten sie das mit gerade mal 30 000 Mann besetzte Dresden schon am 25. August 1813 angegriffen, wäre es vielleicht schon hier zur Niederlage Napoleons gekommen. Doch der Angriff kam erst am 26. August – zuvor konnte Napoleon noch rechtzeitig von seinem Zug gegen Blücher aus Schlesien zurückkehren. Er kam mit Soldaten und übernahm die Führung der Schlacht. Dresden blieb französisch.

Das Schaubild im Stadtmuseum rekonstruiert die Schlachtsituation vom Nachmittag des 26. Augusts. Friedrich Reichert, Kurator der Ausstellung: „In dem Diorama, das Oskar Kölling 1961 geschaffen hat, findet der Betrachter die verschiedensten Kampfszenen auf dem Schlachtfeld. Er sieht den wiederaufgenommenen letzten Angriff des Korps Wittgenstein, feuernde Batterien der russischen Feldartillerie, jubelnde französische Soldaten, weil Marschall Mortier mit seinen Leuten den Angriff der Alliierten stoppt.“ Doch für die Dresdner Bevölkerung bedeutete der Sieg der Franzosen kein Aufatmen. Das Leiden ging weiter. Zu viel hatten sie schon verloren – waren in den Kriegshandlungen oder an den Folgen von Mangel und Krankheiten gestorben. Von den zerstörten Häusern ganz zu schweigen.

Wie anders hatte dies ausgesehen, als Napoleon das erste Mal zu Gast in der sächsischen Landeshauptstadt weilte. Der Besuch 1807 war von Festen und Jubel begleitet. Der sächsische König hatte Napoleon nichts weniger zu verdanken als die Königswürde. Verständlich, dass Friedrich August I. seinem Verbündeten einen glänzenden Empfang bereiten wollte. Er blieb ihm übrigens bis zum Schluss treu ergeben. Aber auch unter den Adligen und Bürgern war Napoleonverehrung angesagt. So schrieb die Dresdner Malerin Dora Stock ganz begeistert. „Wie wurde ich überrascht, wie ich bei einem feurigen tiefdenkenden Auge, welches einen ganz unbeschreiblichen Ausdruck hat, die Ruhe und ungemeine Freundlichkeit in den übrigen Zügen fand!“. 1812, nach dem verlorenen Russland-Feldzug, verweilte Napoleon nur ganz kurz in Dresden, um dann so schnell wie möglich nach Paris weiterzureisen. Dafür verlebte er während des Waffenstillstandes 1813 von Juni bis Anfang August noch einmal eine recht angenehme Zeit an der Elbe. Er stieg im Marcolinischen Palais ab, hier fanden Staatsempfänge und musische Genüsse statt. Der Kaiser der Franzosen holte sogar Schauspieler der „Comédie française“ aus Paris nach Dresden, die auf einer improvisierten Bühne in der Orangerie des Marcolinischen Gartens, später auch im Opernhaus, Werke von Voltaire und Racine aufführten.

Der Waffenstillstand ging vorüber. Am 26. und 27. August kam es zu der für Napoleon noch einmal siegreichen Schlacht. Doch entscheidend konnte Napoleon seine Gegner nicht schlagen. Das Kräfteverhältnis hatte sich durch den Kriegseintritt Österreichs maßgeblich zu seinen Ungunsten verändert. Die schwere Niederlage Napoleons I. in der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 war die Folge.

Danach blieben die Franzosen noch eine Weile in Dresden. Erst nach Unterzeichnung der Kapitulationsurkunde am 11. November 1813 zogen sie ab. Die Siegermächte erklärten das Königreich Sachsen zusammen mit dem Herzogtum Altenburg und den preußischen Ländern zum preußisch-russischen Generalgouvernement. Der sächsische König kam in preußische Gefangenschaft und konnte erst 1815 nach dem Wiener Kongress in sein stark verkleinertes Königreich zurückkehren. In Dresden hatte sich da das Leben schon wieder normalisiert.

„Verlorener Sieg – Dresden 1813“, Stadtmuseum Dresden, Wilsdruffer Str. 2, Di–So, 10 bis 18 Uhr,

Die Ausstellung läuft bis 13. Oktober