Schlangenfunde bleiben rätselhaft

Ostrau/Hartha/Leisnig. Das Tierheim in Ostrau steht gerade vor einer ungewöhnlichen Aufgabe. Leiterin Yvonne Jasinski und ihr Team versuchen, für eine Kornnatter ein neues Zuhause zu finden. „Auf Dauer können wir das Tier hier nicht artgerecht unterbringen“, erklärt die Chefin der Einrichtung „Am Wiesengrund“. Die Schlange wurde am Montagvormittag von Schülern beim Sport im Harthaer Stadtwäldchen gefunden.
Kurioserweise wurden die Leisniger Feuerwehrleute am Abend desselben Tages zu einer Tierrettung gerufen. Ein Passant hatte eine augenscheinlich verletzte Schlange beobachtet – auch eine Kornnatter, wie sich später herausstellte. Das Tier war tatsächlich verletzt, hatt sich unter ein Auto zurückgezogen. Später ist es auf dem Polizeirevier gestorben.
Rene Zaspel, der Vorsitzende des Roßweiner Aquarien- und Terrarienvereins „Osiris“ hat beide Tiere gesehen. Dass sie ausgesetzt worden sind, davon geht er trotz der verhältnismäßig kurzen Distanz Hartha-Leisnig, die mit dem Auto in wenigen Minuten zurückzulegen ist, nicht aus. Er denke, dass es reiner Zufall gewesen sei, dass Menschen die beiden Kornnattern zu Gesicht bekommen haben.
Zaspel geht davon aus, dass sich morgens das Tier gesonnt, das andere am Abend die Wärme auf dem Asphalt genossen hat. Bei der Natter in Leisnig handelte es sich um ein noch relativ junges Tier. Zaspel schätzt, vielleicht ein dreiviertel Jahr alt. Die Natter aus Hartha dagegen sei vermutlich schon ausgewachsen gewesen.
Manche Halter sind überfordert
Die Polizei in Chemnitz, die von der Rettungsleitstelle genau wie die Feuerwehr zu dem Schlangenfund in Leisnig hinzugezogen worden war, ist etwas anderer Meinung. Weil Kornnattern nicht zur heimischen Fauna gehörten, bleibe nur die Annahme, dass die Reptilien ausgesetzt worden sind.
Das teilt Andrzej Rydzik, der stellvertretende Pressesprecher der Polizeidirektion Chemnitz, auf Anfrage mit. Erfahrungsgemäß seien einige Halter schlichtweg überfordert. Dies treffe sowohl auf die Haltungsbedingungen und Kosten als auch darauf zu, wie groß und wie alt derart exotische Tiere werden können.
„Sofern die Tiere aufgefunden und Fachkundigen übergeben werden können, lässt sich der eigentliche Besitzer nur schwerlich ermitteln“, so Rydzik. „Das Aussetzen von Schlagen stellt aber durchaus einen Verstoß nach dem Tierschutzgesetz dar“, sagt er.
Wer eine Kornnatter kaufen will, kann das hier und da im Fachhandel. Hauptsächlich läuft der Reptilienverkauf nach Angaben des Landratsamtes Mittelsachsen über spezielle Börsen, über Internetportale sowie private Halter und Züchter.
Melden muss der Besitzer den Erwerb nicht, wenn es sich zum Beispiel um eine Kornnatter handelt. Anders sieht es aus, wenn sich jemand für die Anschaffung eines geschützten Tieres entscheidet. „Sämtliche besonders und streng geschützte Reptilien, aber auch alle anderen streng geschützten Tierarten, unterliegen der Meldepflicht“, erklärt Cornelia Kluge, Pressereferentin beim Landratsamt Mittelsachsen, auf Anfrage. Die Untere Naturschutzbehörde sei dafür die richtige Adresse.
Mit Handschuh und Baumwollbeutel
Eine derartige Meldepflicht besteht beispielsweise für Pythons, die keine Giftschlangen sind, ebenso wie für giftige Kreuzottern. Insgesamt sechs solcher Schlangen wurden bei der Behörde von den Haltern angezeigt.
Diese Zahl sagt allerdings wenig darüber aus, wie viele Giftschlangen tatsächlich in den mittelsächsischen Haushalten leben. „Zu den Schlangen muss gesagt werden“, teilt die Landkreisverwaltung mit, „dass ein großer Teil der giftigen Arten keinem Schutzstatus unterliegt und diese deshalb nicht gemeldet werden müssen.“

Gleichwohl weist die Kreisbehörde darauf hin, dass fast alle Städte und Gemeinden in ihren örtlichen Polizeiverordnungen auch dahingehend Regelungen getroffen haben. Festgelegt ist dann, dass Gift- und Gefahrtiere bei der Kommune anzuzeigen sind.
Auf Leisnig trifft das zu, bestätigt Uwe Dietrich vom Ordnungsamt der Stadt. Wer giftige oder gefährliche Tiere, darunter zählen auch manche Hunderassen, hält, muss das der Kommune anzeigen. „Von Reptilien ist uns da im Moment nichts bekannt“, sagt er.
Obwohl es trotzdem eher ist, dass jemand in Wald, Feld und Flur oder wie in Leisnig auf der Straße einer Giftschlange begegnet – ausgeschlossen ist das nicht. Der Laie wird das harmlose Reptil auf den ersten Blick wohl selten von einem unterscheiden können, vor dem es sich in Acht zu nehmen gilt. Die Polizei zu alarmieren, sei deshalb in den meisten Fällen der richtige Weg.
Keine fachkundige Beamte
Ausgebildete Schlangenfänger gibt es jedoch nicht. „Die Polizei verfügt nicht über geschulte Beamte, die sich auf das Einfangen von Schlangen spezialisiert haben“, sagt so Chemnitzer Polizeisprecher. „Wir arbeiten in solchen Fällen mit Fachkundigen zusammen, die wir dann auch zurate ziehen“, sagt er. Bei der Feuerwehr ist das nicht viel anders. Für die Leisniger Kameraden war der Schlangen-Einsatz zu Wochenbeginn der erste dieser Art.
Schlangen fangen ist allerdings nicht jedermanns Sache. Das weiß Rene Zaspel aus seiner Vereinsarbeit bei Osiris. Wer das nicht tun muss, sollte Abstand halten. Für den Fall, dass eine Schlange gefangen werden muss, rät er, sich mit einem Baumwollbeutel und einem Arbeitshandschuh auszustatten. Am günstigsten sei es, dass Tier mithilfe eines längern Stockes zu bewegen, in den Beutel zu kriechen, diesen hochnehmen und zubinden.
„Dann am besten der Polizei übergeben. Die setzt sich mit einem Tierheim oder einem Verein wie uns in Verbindung“, so Rene Zaspel. Er empfiehlt auf jeden Fall, mit Vorsicht an die Sache heranzugehen. „Auch harmlose Schlangen können beißen, die wenigsten lassen sich gern anfassen“, so der Experte.
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