Von Jan Lange
Jede Minute hatte Gerold Schmacht damit gerechnet, dass ein Vertreter vom Rat des Kreises oder ein anwesender Stasi-Mitarbeiter aufspringt und dem Redner das Wort verbietet. Denn das, was Gerhard Klaus am 3. November 1989 in seiner Rede während der Bürgerversammlung in der katholischen Kirche in Ostritz aussprach, waren harte Worte für die damaligen Machthaber. So warf er ihnen unter anderem jahrzehntelange Misswirtschaft und Wahlbetrug vor. „Es war eine brenzlige Situation“, erinnert sich Gerold Schmacht an den Auftritt von Gerhard Klaus. Aufgesprungen ist am Ende keiner von der SED, die Diskussion war dafür sehr kontrovers und emotionsgeladen.
Sehr aktiv in der Wende
Für Gerhard Klaus, der am 14. März 90 Jahre alt geworden wäre, war es nicht der einzige öffentliche Auftritt in der Wendezeit. Der gebürtige Rußdorfer, der seit den frühen 1930er Jahren in der Neißestadt lebte, gehörte in jenen Tagen zu den aktivsten Ostritzern. In seinem 1995 erschienenen Buch „Der lange, mühsame Weg“ schrieb Klaus, dass ihn einige Leute gefragt hätten, warum er sich im Herbst 1989 so intensiv für Veränderungen eingesetzt habe. War er doch zu dieser Zeit bereits 70 Jahre alt. Anfangs habe er keine Antwort auf die Frage gewusst, später sei ihm klar geworden, dass er eigentlich 40 Jahre auf das Ende gewartet habe.
Einen Namen hatte sich der Ostritzer, der im Februar 1997 starb, schon lange vor der Wende gemacht. Denn Gerhard Klaus war auch ein leidenschaftlicher Natur- und Tierfotograf. „Oft war er am Sonntagvormittag unterwegs, saß dann mitunter fünf Stunden im Wald“, erzählt seine Tochter Regine, die ihren Vater wie auch die anderen drei Geschwister oft bei seinen Touren begleitete.
Ab den 60er Jahren entstanden aus den Fotografien zahllose Dias, die Gerhard Klaus auch öffentlich präsentierte. Auch die heutige Ostritzer Ortschronistin Josefine Schmacht besuchte solche Vorträge mehrfach. Kurz vor dem Tod von Gerhard Klaus erhielt sie von ihm eine Tasche mit seinen Dias und vielen Texten. Immer wieder zeigte sie diese – so auch am vergangenen Mittwoch aus Anlass des 90. Geburtstages von Gerhard Klaus.