Die Besonderheiten beim Geister-Rennen in Dresden

Dresden springt gerne ein. Am vergangenen Samstag hat der Verein entschieden, den Galopp-Renntag auszutragen, der in Halle an der Saale nicht stattfinden darf. In Sachsen-Anhalt sind Sport-Wettbewerbe auch ohne Zuschauer wegen der Corona-Pandemie noch nicht erlaubt, auf der Anlage im Stadtteil Seidnitz dürfen die Pferde dagegen ihre Stärken messen.
Uwe Tschirch ist nahezu ununterbrochen am Telefon und gerade deshalb schwer erreichbar. Der Geschäftsführer des Dresdener Rennvereins organisiert binnen sechs Tagen eine Veranstaltung, für die er sonst Wochen, manchmal Monate Vorlauf hat. „Ich habe am Samstag von 10 bis 17 Uhr durchtelefoniert, zum Schluss wusste ich nicht mehr, mit wem ich alles worüber gesprochen habe“, berichtet der 65-Jährige. „Es war ein unheimlicher Zeitaufwand.“
So viele Jockeys wie noch nie starten
Den er aber gerne auf sich nimmt für den verspäteten Start in die Saison, die keine normale sein kann. Die Zuschauer müssen draußen bleiben, wenn es am heutigen Freitag ab 15.30 Uhr losgeht. Dafür ist auf der Bahn umso mehr los.
Tschirch musste das eigentlich für Halle geplante Programm auf Dresden anpassen, etwa Ausschreibungen für die Distanzen. Zwei Wettbewerbe streckte er von 1.700 auf 1.900 Meter und baute das Angebot von acht auf neun Rennen aus. Zusätzlich wird ein Wettbewerb für dreijährige sieglose Pferde über 1.500 Meter ausgetragen. „Das Interesse in der Region ist riesig. Wir haben volle Starterfelder.“

Und nicht nur das: 23 Jockeys – 19 Männer und vier Frauen – sind „mehr denn je“, stellt Tschirch erfreut fest. Probleme beim Einhalten der Abstands- und Hygieneregeln befürchtet der Manager nicht. „Wir trennen die Jockeys, haben dafür genug Räume. Zum Beispiel ist ja das Besitzerstübchen frei.“ Die Eigentümer der Pferde dürfen nicht vor Ort dabei sein. „Das tut uns zwar sehr leid, ist aber nun mal so.“
Die vielen Pferde aus Nord-, Süd- und Westdeutschland seien ebenfalls ein Novum wegen der Corona-Krise. „Damit habe ich nicht gerechnet.“ Ursprünglich wollte der Dachverband Deutscher Galopp die Transportwege minimieren, indem er die Veranstaltungen regional verteilt. „Das große Interesse hängt sicherlich mit den ausgeschriebenen Rennen zusammen“, sagt Tschirch. Dresden bietet diesmal Basissport für kleines Geld. Die Prämien betragen 3.000 bis 3.500 Euro. In dieser Preiskategorie gibt es bundesweit nicht so viele Angebote, sonst sind die Summen oft fünfstellig.
Vom Hufschmied bis zum Dopingkontrolleur
Tschirch hat vor allem damit zu tun, die Dienstleister und Helfer zu organisieren, die er für einen Renntag benötigt. Das sei an einem Freitag, den viele als Brückentag für ein langes Wochenende nutzen, nicht immer einfach. Der Krankenwagen mit medizinischen Einsatzkräften sei nicht so leicht aufzutreiben gewesen. Hinzu kommen Hufschmied, Tierarzt, Zielfotograf, Dopingbeauftragter und einige mehr.

„Etwas leichter war es, ausreichend Ordnern zu finden. Die Sicherheitsbranche hat ja derzeit nicht so viel zu tun, weil es keine Großveranstaltungen gibt“, sagt Tschirch, der seit 1996 die Geschäfte des Vereins führt. Er kann allerdings auf die Ordner – anders als auf Kassierer – nicht verzichten, obwohl keine Zuschauer aufs Geläuf dürfen. Wer rein darf, wird am Eingang kontrolliert: Temperatur messen, Handdesinfektion nutzen, Mund-Nase-Schutz aufsetzen.
Tschirch und seine Mitstreiter werden penibel darauf achten, dass sich alle an die Vorschriften halten. „Es ist zwar eine unglaubliche Herausforderung, aber das Konzept hat bisher überall funktioniert“, sagt er mit Verweis auf die bisherigen Geister-Renntage unter anderem in Hoppegarten. Sollte es Hinweise auf Verstöße geben, könnte das Dresdner Gesundheitsamt die Veranstaltung jederzeit abbrechen.