Von Lars Radau
Als Markus Rustler am Freitag seine rund 200 geladenen Gäste durch die neue, lichte Montagehalle und die neuen puristisch-schicken Büros und Besprechungsräume führte, hat der geschäftsführende Gesellschafter des Dresdner Verpackungsmaschinen-Spezialisten Theegarten-Pactec allen Grund, zufrieden zu sein. Nicht nur, weil das Neubau-Projekt sowohl im Zeitplan geblieben als auch von den Kosten noch „etwas unterhalb des budgetierten Rahmens“ gelandet ist. Sondern auch, weil der Festakt, mit dem die Firma die Einweihung offiziell feierte, der Abschluss eines gewonnenen Pokerspiels ist.
Theegarten-Pactec war auf seinem bisherigen Werksgelände in Dresden-Dobritz „in jeder Hinsicht“ an die Kapazitätsgrenzen gestoßen, erzählt Rustler. Deshalb hatte das Unternehmen ein Auge auf das Nachbargrundstück geworfen, um die Fläche von 44 000 auf knapp 57 000 Quadratmeter zu erweitern. Doch Pactec war sich mit der Stadt lange nicht über den Verkaufspreis einig geworden. Also schrieb das Rathaus das Gelände aus, während das Unternehmen laut Rustler bereits heftig von der Gemeinde Bannewitz umworben wurde. Ein Stadt-Mitarbeiter vergab den wertvollen Grund – getreu den internen Richtlinien – schließlich an den Meistbietenden. Doch Rustler und die Stadt hatten am Ende gemeinsames Glück im Pokerspiel: Der ursprüngliche Gewinner der Ausschreibung konnte den Kauf doch nicht finanzieren. Pactec kam zum Zuge – und Wirtschaftsbürgermeister Dirk Hilbert konnte bei der Grundsteinlegung im Juni 2014 hörbar aufatmen. „Für ein paar Tausend Euro mehr Verkaufserlös wären jährliche Gewerbesteuereinnahmen in Millionenhöhe flöten gegangen“, sagte er damals. Ganz zu schweigen von der Peinlichkeit, dass ein Dresdner Traditionsbetrieb abwandert: Theegarten-Pactec entstand aus Teilen des Maschinenbau-Kombinats Nagema.
Umso schneller ging es dann: Von der endgültigen Einreichung des Bauantrages bis zur Genehmigung habe es schließlich keine drei Wochen gebraucht, sagt Markus Rustlers Geschäftsführer-Kollege Egbert Röhm. Und ein reichliches Jahr nach der Grundsteinlegung konnte sich am Freitag auch Wirtschaftsbürgermeister Hilbert noch einmal anschauen, wie weit das Projekt, in das die Firma bis 2017 rund 33 Millionen Euro investiert, gediehen ist. Für Rustler und Röhm ist das Hin und Her um das Grundstück indes eher ein nettes Detail. Wichtiger ist den Geschäftsführern, dass das Umkrempeln der Produktionsstrukturen im laufenden Betrieb die Produktivität nicht gebremst hat.
Selbstüberwachende Maschinen
Während ein Teil der alten Gebäude abgerissen wurde, zogen die Arbeiter parallel dazu die neuen Hallen und Bürogebäude nebenan hoch, so dass die Produktion schrittweise umziehen konnte. „Das Mammutprojekt hatte keine Auswirkungen auf unser Tagesgeschäft“, sagt Röhm, der für die Technik und die Produktion verantwortlich ist. Er klingt ebenfalls erleichtert – denn der Wettbewerb in der Nische, die sich Theegarten-Pactec ausgesucht hat, ist „durchaus anspruchsvoll“. Weltweit, sagt Röhm, gebe es drei direkte Wettbewerber – und die wüssten voneinander „ziemlich genau, was sie können – oder auch nicht“. Pactec sieht sich als Marktführer.
Das Unternehmen konstruiert und baut Verpackungsmaschinen für Süßigkeiten – ob Kinderschokolade, Kaubonbons oder golden umhüllte Pralinen: die Wahrscheinlichkeit, ein Produkt zu öffnen, das mit Pactec-Maschinen aus Dresden verpackt wurde, ist hoch. Branchengrößen wie Ferrero, Cadbury oder Nestlé nutzen Verpackungssysteme aus Dresden, aber auch US-Konzerne und Firmen in Südamerika sowie in Afrika, Asien und dem Mittleren Osten. Das Unternehmen hat Vertretungen in mehr als hundert Ländern und einen Exportanteil von rund 90 Prozent. Der Einkauf – Teile und Komponenten für die Spezialmaschinen – finde aber zu 95 Prozent in Deutschland statt, sagt Rustler.
Insofern, sind die Geschäftsführer überzeugt, sei das Unternehmen mit seinen rund 400 Mitarbeitern gut aufgestellt, auch größere Schwankungen und Ausschläge der Weltwirtschaft zu überstehen. Spätestens die Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2008 habe gezeigt, dass die Frage weniger laute, „ob die Kunden kommen“, sagt Röhm. „Die Frage ist eher, wann die Kunden kommen.“ In der Süßwarenindustrie würden Investitionen eher verschoben als gestrichen. Derzeit, so Röhm, ziehe etwa die Nachfrage aus Spanien, Frankreich und skandinavischen Ländern wieder an, in denen das Geschäft zuvor eher mau verlaufen sei. Auch wenn in diesem Jahr noch „etwas Luft“ in den Auftragsbüchern sei, bewege sich der Umsatz auf „stabilem Niveau“ – nach Firmenangaben im Schnitt zwischen 45 und 50 Millionen Euro.
Gleichwohl sei die Branche im Wandel: Gefragt seien zunehmend immer individuellere Lösungen aus Maschinen und Zuführsystemen. Hier, sagt Markus Rustler, bewähre sich, dass sich Pactec eine vergleichsweise große Entwicklungsabteilung leiste: Bis zu 90 Mitarbeiter seien unmittelbar mit der Konstruktion der Maschinen befasst. Es gelte, den technologischen Vorsprung, den sich das Unternehmen erarbeitet habe, zu halten, betont Rustler. Und lässt durchblicken, dass auch in Dresden Dobritz an intelligenten Maschinen gearbeitet wird, die sich selbst überwachen und ihrem Bediener erklären, wie Probleme zu beheben sind. Denn im harten Produktionsalltag darf das einwandfreie Funktionieren nicht zum Pokerspiel werden.