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Neue Heimat im Dreiseitenhof

Glücklich und zufrieden lebt Andreas Wünsche seit kurzem im neuen Wohnhaus des Dreiseitenhofes in Herwigsdorf. Der 49-Jährige ist Bewohner der AWO- Wohnstätten für geistig behinderte Erwachsene. Bis er so zufrieden und entspannt seinen Alltag genießen kann, war es ein beschwerlicher Weg.

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Von Andreas Herrmann

Glücklich und zufrieden lebt Andreas Wünsche seit kurzem im neuen Wohnhaus des Dreiseitenhofes in Herwigsdorf. Der 49-Jährige ist Bewohner der AWO- Wohnstätten für geistig behinderte Erwachsene. Bis er so zufrieden und entspannt seinen Alltag genießen kann, war es ein beschwerlicher Weg.

Geboren in einer Familie mit vier Kindern erhielt er bis zum 10. Lebensjahr eine besondere pädagogische Förderung, um im Anschluss die Hilfsschule zu besuchen und in einer geschützten Werkstatt zu arbeiten. Das Wohnen bei seinen Eltern, die später umzogen, war allerdings nicht optimal. Andreas zog sich immer mehr zurück, hatte nur noch Kontakt zu seiner Schwester und lebte schließlich im Löbauer Sozialheim. Von dort kam er in die eine Wohnstätte für behinderte Menschen der Arbeiterwohlfahrt (AWO), übernahm verschiedene Arbeitsaufgaben und fand Vertrauen zu Mitarbeitern und Mitbewohnern. Seine Situation wurde immer besser. Vor rund sieben Jahren konnte er in eine Außenwohngruppe ziehen, was noch größere Anforderungen an eine selbständige Lebensführung stellte. Hier erfüllte er sich erstmalig einen lang ersehnten Wunsch - Haustiere. Ein Kaninchen und ein Meerschweinchen wurden seine Wegbegleiter. Durch diese Tiere erfuhr er eine neue Art von Zuwendung und konnte durch sie auch anders auf andere Menschen zugehen. Sein Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen stiegen und er meisterte seinen Alltag noch besser. Inzwischen hatte Andreas von dem neuen Projekt der AWO - Wohnstätten, dem Dreiseitenhof in Herwigsdorf, erfahren und verfolgte gespannt alle Baufortschritte. Einem Umzug in das geräumige Wohnhaus in naturnaher Umgebung stimmte er sofort zu. Nun träumt er von der Erweiterung seines Tierbestandes. Außer ihm werden auf drei Etagen mit jeweils eigenen Zimmern in Zukunft zehn weitere Bewohner dort leben. Unterstützt werden sie unter anderem von einer Mitarbeiterin, die zu DDR - Zeiten Lehrausbilderin in der Tierzucht war.

Tierhaltung und Gartenarbeit sind seit Ende Juli in der inzwischen 6. Außenwohngruppe der AWO - Wohnstätten möglich, informiert dazu Rainer Oßowski, der Leiter der Wohnstätten. In Löbau habe man bereits Erfahrungen mit Meerschweinchen, Vögeln, Katzen und Papageien. In Herwigsdorf möchte die AWO dieses Spektrum nun auf Karnickel, aber auch Schafe, Ziegen und sogar Alpakas, die eine wertvolle Wolle bringen, erweitern. Für letztere sucht man noch einen Profi zur fachlichen Begleitung. Auf jeden Fall aber seien gute räumliche Voraussetzungen an Stallungen und Weideflächen da und eben mit den Behinderten auch Menschen, die sich liebevoll um die Vierbeiner kümmern. Bisher habe man nur Wohnangebote im städtischen Bereich machen können, kenne aber die Biografien der Behinderten, von denen viele im ländlichen Gebiet groß geworden sind. Denen konnten bisher keine Angebote gemacht werden, was aber mit der Möglichkeit der Haltung von Tieren nun verbessert wird. Mit dieser Nutzung des alten Dreiseitenhofes ist gleichzeitig eine Immobilienbrache im Ort verschwunden. Aufgewendet wurden dabei neben der Kaufsumme durch die AWO auch rund 450.000 Euro an Fördermitteln. Das, so Rainer Oßowski, habe auch dem Gemeinderat von Herwigsdorf gut gefallen. Immerhin wolle der Ortsteil Rosenbach in diesem Jahr wieder den Titel „Schönstes Dorf“ erhalten. Da komme ein wunderschön restaurierter Hof mit Relevanz für ländliche Entwicklung auch im Behindertenbereich sicher gerade recht.