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Keine Vorfahrt für Kehrmaschine

Das derzeitige Straßenreinigungssystem ist für viele Bürger ein Ärgernis. Die Stadt möchte deshalb reagieren.

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© Norbert Millauer

Von Marcus Herrmann

Viel Fantasie hätte es nicht gebraucht, um vorauszusehen, dass dieses neue Straßenreinigungssystem Probleme mit sich bringt: Seit Mitte Mai müssen in Pirna Grundstückseigentümer für die Straßenreinigung zahlen. Mit Hilfe einer Gebühr, die sich an der Größe des jeweiligen Anwesens richtet, wird die Recycling-Firma Nestler GmbH & Co., die die Reinigung vornimmt, mitfinanziert.

Für die Säuberungsaktion, die an ausgewählten Straßenzügen alle vier bis acht Wochen durchgeführt wird, werden nicht wie bisher einzelne Straßen für zwei bis drei Stunden, sondern ganze Karrees für 24 Stunden mit Halteverbotsschildern versehen. Wohin Autofahrer ihre Wagen in dieser Zeit bei der in Pirna ohnehin angespannten Parksituation stellen sollen, wissen Sie nicht. Die Konsequenz ist, dass Fahrzeuge einfach stehenbleiben und die Reinigung behindern. In manchen Gegenden bleibt es sogar dauerhaft dreckig. „Ich wohne am Thälmann-Park. Da hat es seit Wochen keine Reinigung gegeben. Denn die Autos können nirgendwo anders hingestellt werden, auch wenn die Stadt das gerne möchte“, sagt Anwohner Hans-Peter Gelfert. Er kann nicht nachvollziehen, warum Kraftfahrern die oft einzige Parkmöglichkeit genommen wird und die Stadt keine konkreten Sperrzeiten an den Schildern anbringt. „Vorher stand immer ein Zeitraum von zwei oder drei Stunden für die Reinigung an den Verbotsschildern. Damit konnte man sich noch arrangieren. Aber über den ganzen Tag geht das nicht“, erzählt der 66-Jährige.

Neues System überzeugt noch nicht

Er wünscht sich das alte System zurück, als noch die Grundstückseigentümer selbst für die Sauberkeit der Straßen verantwortlich waren. Das traut man diesen im Rathaus aber nicht mehr zu. Darum reinigt jetzt die Firma Nestler alle vier Wochen die jeweiligen Straßenzüge. Dafür zahlen Eigentümer eine jährliche Straßenreinigungsgebühr. Die berechnet sich nach dem sogenannten Quadratwurzelverfahren. Dabei wird die Quadratwurzel der Gesamtfläche des Grundstücks gebildet, woraus sich eine jährliche Gebühr ergibt. Für ein Grundstück von 625 Quadratmetern wären also beispielsweise 25 Euro im Jahr fällig. “Wenn diese Gebühr für die Anwohner wenigstens irgendetwas bringen würde, wäre die Zahlung ja zu verschmerzen“, sagt Kerstin Zirnstein aus Pirna. Aber den Nutzen sieht sie nicht. „Wo sollen denn die ganzen Autos der Pirnaer hin, wenn alle Straßen der Innenstadt am gleichen Tag mit Halteverboten beschildert sind?“, fragt Zirnstein verärgert. Da es kaum Ausweichmöglichkeiten gebe, seien Autos, die den Reinigungsfahrzeugen im Weg stehen, zwangsläufig die Folge. Auch mit der Qualität der neuen Reinigung ist Zirnstein unzufrieden. „Ich sehe immer nur schmale, feuchte Streifen auf der Straße, dafür aber noch die Hälfte an Müll am Straßenrand. Auch Parkbuchten werden nicht richtig gesäubert. Das Ganze ist sinnlos.“

Das sieht man bei der Stadt natürlich anders, hat aber die Probleme der Anlieger zur Kenntnis genommen und ist bereit, die Reinigungstouren zu überarbeiten.

„Grundsätzlich war der vorhergehende Zustand nicht zufriedenstellend und wir erhoffen uns bessere Ergebnisse, was die Sauberkeit vor allem von Hauptverkehrsstraßen betrifft“, sagt Sprecherin Jekaterina Nikitin. Richtig sei, dass die derzeitige Situation bei vielen Bewohnern auf Protest stoße. Deshalb will die Stadt bei den nächsten Touren Verbotsschilder wieder mit konkreten Zeiträumen ausstatten, damit die Leute genau wissen, wie lange sie ihre Autos wegstellen müssen.

Außerdem würden die Schilder in Zukunft sofort nach der Reinigung wieder eingesammelt, sodass es keine unnötig langen Verbotszeiten gebe. „Davon erhoffen wir uns mehr Erfolg bei der Reinigung, die nun mal nur richtig durchgeführt werden kann, wenn die Verbote eingehalten werden“, sagt Nikitin. Ob man wie bisher auf Strafzettel für im Halteverbot parkende Autos verzichtet, könne sie aber nicht garantieren. „Das wird die jeweilige Situation zeigen. Je nachdem, wie massiv die Schilder missachtet werden oder nicht.“ Anwohner werden wie gewohnt 72 Stunden vor der Reinigung über Straßensperrungen informiert. Sind sie mit dieser nicht zufrieden, macht eine Beschwerde bei der Stadt Sinn. Dort kann genau nachvollzogen werden, wann und wie lange die Nestler-Fahrzeuge in bestimmten Straßen unterwegs sind. Kommt es hier zu Auffälligkeiten, muss sich die Firma verantworten.

Eine genaue Auflistung zur neuen Reinigung unter

www.pirna.de/downloads/Sammelmappe1.pdf