Neuer Fund aus dem Dippser Bergbau

Dippoldiswalde ist Teil des Weltkulturerbes. Das hat am Mittwoch Matthias Lißke, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Erzgebirge GmbH, auf der Ratssitzung in Dipps noch einmal deutlich gemacht. Er hatte eine Kopie der Urkunde für das Welterbe mitgebracht und Oberbürgermeisterin Kerstin Körner (CDU) überreicht. Die mittelalterlichen Bergwerke in der Tiefe unter der Stadt sind einmalige Überreste aus den Anfängen des Bergbaus im Erzgebirge.
Wenige Stunden später hat das Museum für mittelalterlichen Bergbau im Erzgebirge (Miberz) wieder einen neuen Aspekt der Dippoldiswalder Bergbaugeschichte ins Rampenlicht gerückt. Sechs Holzsprossen sind der neue Sonderfund, den das Miberz seit Donnerstag präsentiert. „Eine Leitersprosse“, mag der eine oder andere Besucher mit den Schultern zucken. Aber die Holzstücke sind so alt wie die Stadt selbst, rund 800 Jahre, und sie haben ihre eigene Geschichte erlebt.
Irgendwann im 12. Jahrhundert haben Handwerker einen Baum gefällt und daraus eine Leiter gebaut. Bergleute sprechen von einer „Fahrt“. Die hat ihre Dienste getan in einem Schacht unter der heutigen Glashütter Straße, bis zu dem Zeitpunkt, als die Bergleute hier auch die letzten Reste von Silber aus dem Gestein gekratzt hatten. Unsere Leiter war da schon nicht mehr intakt. Einige Sprossen waren zerbrochen und lagen an ihrem Fuß. Der Schacht wurde verschüttet, es wurde darin sehr feucht und gab wenig Sauerstoff. In diesem Klima konnten Fäulnisbakterien oder Insekten, die sonst Holz schnell zersetzen, nicht leben. Also blieb die Leiter intakt und schlummerte all die Jahrhunderte in der Tiefe.
Darum ist die Konservierung so wichtig
Bis im Jahr 2010 das Oberbergamt die alten Hohlräume unter Dippoldiswalde untersuchen und verwahren ließ. Da wurde die Leiter mitsamt den zerbrochenen Sprossen zu ihren Füßen wieder gefunden. Jetzt war aus dem alltäglichen Hilfsmittel, aus dem vergessenen Überrest plötzlich ein Objekt von wissenschaftlichem Interesse geworden. Der Holzfäller und der Zimmermann von damals werden sich wahrscheinlich in ihren Gräbern noch einmal vor Stolz drehen. Aus ihrer „Fahrt“ ist jetzt ein seltener Sachzeuge des mittelalterlichen Bergbaus und damit Teil des Welterbes geworden.
Aber die hölzernen Überreste mussten damals schnell wieder verschwinden. So altes Holz, das in der Erde die Jahrhunderte überstanden hat, würde sofort verschrumpeln, wenn es direkt an die frische Luft käme. Wie das aussieht, lässt sich im Miberz beobachten. Drei Sprossen sind nicht konserviert worden. Sie sind zusammengeschrumpft und eine hat sich verbogen. Auf die würde kein Bergmann mehr steigen.
Die drei Sprossen, die konserviert worden sind, sehen noch kräftig aus. Sie könnten durchaus einen Menschen tragen. „Deswegen ist die Konservierung so wichtig“, erklärt Linda Burghardt, die Leiterin des Miberz. „Damit das Holz seine Form behält.“

Gespanntes Warten auf das Hauerstühlchen
Daher verschwinden auch die neuen Funde, die in Dipps immer wieder gemacht werden, erst in der Werkstatt der Restauratoren im Landesamt für Archäologie, bevor sie der Öffentlichkeit gezeigt werden. Erst reinigen die Restauratoren diese. Das ist eine ganz knifflige Arbeit. „Die läuft teilweise unter Wasser und mit einem ganz weichen Pinsel“, erzählt Burghardt. Es gehört Konzentration und Erfahrung dazu, um zu unterscheiden, was als Schmutz wegkann, oder was altes Holz und anhaftende Reste von Leder oder Seilen sind, die wertvolle Informationen über die Arbeitsweise unserer Vorfahren geben können.
Dann werden die Holzreste in Konservierungswannen gelagert mit einer Zuckerlösung. Diese verdrängt das Wasser aus den Zellen und sorgt damit für die stabile Form. Nach einer Gefriertrocknung kann das Stück schließlich in die Ausstellung gehen. Mit Spannung wird beispielsweise das Dippser Hauerstühlchen erwartet. Dieser kleine Arbeitsschemel eines Bergmanns wurde vor zwei Jahren unter der Brauhofstraße in Dippoldiswalde gefunden. Derzeit liegt er in der Konservierung. Es wird also noch eine Weile dauern, ehe er als Sonderfund im Miberz präsentiert werden kann.
Die Sondervitrine wird im Mai das nächste Mal neu bestückt, kündigt Linda Burghardt an. Dann wird ein Stück aus dem Alltagsleben der Bergleute von Dippoldiswalde um das Jahr 1200 gezeigt.