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Neuer MFT-Chef kommt aus Mexiko

Wolfgang Hensel verlässt die Firma Motoren- und Fahrzeugtechnik nach 18Jahren. Sein Nachfolger vermisst hier nur eins.

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Von Katja Schäfer

Mächtig gebrodelt hat die Cunewalder Gerüchteküche in letzter Zeit. Ein Inder hätte die Firma MFT Motoren- und Fahrzeugtechnik gekauft, wussten einige zu berichten. Andere sprachen wiederum von einem Mexikaner. Der langjährige geschäftsführende Gesellschafter Wolfgang Hensel und sein Nachfolger Guido Glinski können darüber schmunzeln. Die 152 Beschäftigten des Werkes – darunter 14 Lehrlinge, drei Studenten und sieben Leiharbeiter – auch. Denn sie sind über den Wechsel an der Firmenspitze informiert.

Wolfgang Hensel, der dieses Jahr 63 wird, verlässt Ende März das Unternehmen. 1994 hatte er gemeinsam mit Günther Zückner und einem dritten Gesellschafter die Motoren- und Fahrzeugtechnik GmbH auf dem Standort des ehemaligen Motorenwerkes privatisiert. Damals umfasste die Belegschaft knapp 60Leute.

Die beiden anderen Männer schieden zwischenzeitlich aus. Seit 2007 führte Wolfgang Hensel die Firma allein. Als Zulieferer für die Automobilindustrie stellt sie zum Beispiel Nockenwellen sowie Befestigungs- und Halteelemente für Getriebe und Motoren her. VW, Audi, Opel, Daimler, Suzuki und Renault beliefert MFT direkt. Teile aus Cunewalde gehen aber auch in Produkte von Porsche und BMW ein. Vergangenes Jahr erwirtschaftete das Unternehmen 16,2 Millionen Euro Umsatz. „2009 hatten wir durch die Wirtschaftskrise mächtig zu kämpfen, wir haben 38Prozent des Umsatzes eingebüßt. Aber wir haben es überstanden und sind heute besser denn je aufgestellt“, berichtet Wolfgang Hensel stolz.

Und weil das so ist, zieht er sich jetzt – nach 18Jahren an der Unternehmensspitze – zurück. „Man sollte zu einem Zeitpunkt aufhören, wo man guten Gewissens gehen kann“, sagt der Cunewalder, mit dem gepflegten grauen Bart. Das ist jetzt der Fall, zumal ein Nachfolger gefunden wurde, der Wolfgang Hensels vollstes Vertrauen hat.

Vier Frauen ziehen mit um

Es handelt sich dabei um den Sohn des dritten Gesellschafters. Guido Glinski ist 44 Jahre alt, hat Bankkaufmann gelernt, Kunststofftechnik studiert und lange Zeit in der Automobilindustrie gearbeitet. Seit 1997 war er Geschäftsführer des mexikanischen Werkes der deutschen Firma EuWe. Es produziert Kunststoffteile für Autos, zum Beispiel die komplette Mittelkonsole für den VW Beetle. Unter seiner Leitung ist der Betrieb in Mexiko von 40 auf 420 Beschäftigte gewachsen, erwirtschaftete im vergangenen Jahr einen Umsatz von knapp 40Millionen Dollar.

„Bisher war ich Geschäftsführer im Angestelltenverhältnis. Bei MFT kann ich auch unternehmerisch tätig werden“, begründet der Mann mit den schwarzen Locken, die von ersten grauen Strähnen durchzogen sind, warum er sich entschieden hat, nach Deutschland zurückzukehren. Ende Dezember ist er mit seiner Frau – einer Mexikanerin – und den drei Töchtern im Alter zwischen zwei bis 13Jahren nach Bautzen gezogen. Die beiden älteren Mädchen kommen in der Schule schon ganz gut klar, schätzt Guido Glinski ein. Dabei kommt ihnen zugute, dass sie neben Spanisch perfekt Deutsch sprechen und in Mexiko eine deutsche Schule besucht haben. „Das einzige, was wir hier wirklich sehr vermissen, ist die Sonne“, sagt der 44-Jährige.

Motorrad ist noch unterwegs

Bis Ende März läuft bei MFT noch die Übergabe der Geschäfte, sind der alte und der neue Chef oft zusammen auf dem Betriebsgelände an der Köblitzer Straße in Cunewalde unterwegs. „Der Produktbereich ist für ihn zwar neu, doch das notwendige Erfahrungspotenzial bringt er mit. Ich kann mir ganz sicher sein, dass das erhalten bleibt, was wir gemeinsam mit den Mitarbeitern in den letzten Jahren aufgebaut haben“, sagt Wolfgang Hensel über seinen Nachfolger.

Er selbst wird sich aber auch künftig nicht „aufs Ruhebänkchen setzen“, blickt er schmunzelnd voraus und verrät, dass er Italienisch lernen will und weitere Pläne hat. Guido Glinski hofft, dass er nach der turbulenten Eingewöhnungszeit in der neuen Tätigkeit und der neuen Heimat auch wieder Zeit findet für sein Hobby – das Motorradfahren. Momentan ist die Maschine aber ohnehin noch irgendwo unterwegs zwischen Mexiko und Bautzen – ebenso wie sämtliche Möbel der fünfköpfigen Familie.

mft-cunewalde.de