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Neues Gesicht fürs Molkerei-Quartier

Bau. Die Stadt will das große Innenhof-Gelände von Blumen-, James-von-Moltke-, Emmerich- und Konsulstraße gestalten.

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Von Katja Pautz

Wenn Diedrich Immer aus seinem Fenster in der Blumenstraße 58 in den Hinterhof blickt, sieht er dort die kleine versteckte Kapelle der evangelisch-reformierten Gemeinde, deren Pastor er ist. Ein Fleckchen Grün, ein Zaun und ein paar Bäume umrahmen das kleine Grundstück im so genannten „Molkerei-Quartier“. Das ist ungefähr 50 000 Quadratmeter groß, wird von Blumen-, Konsul-, James-von-Moltke- und Emmerichstraße begrenzt und sieht zum Teil katastrophal aus: verwilderte Flächen mit abrissreifen Baracken.

Besser Wohnen mit viel Grün

Als eines der größten Quartiere der Innenstadt soll es jetzt neu gestaltet werden. Stadtplaner Friedemann Dreßler: Grünflächen, Miet- und Pachtgärten, Stellplätze, Carports, Sport und Spielflächen können die Wohnqualität erhöhen.

Davon hat Pastor Immer gehört. Aber genaueres weiß er nicht. „Parkplätze rechts neben unserem Grundstück wären nicht so toll“, sagt der 54-Jährige. Aber mehr Grün und Spielfläche für Kinder kann er sich gut vorstellen.

„Das Projekt wird am 28. April im Stadtrat genau vorgestellt“, sagt Dreßler. Und zum „Tag der offenen Sanierungstür“ am 19. Juni sollen die Bürger sich vor Ort selbst ein Bild machen können. Die gesamte Gestaltung, inklusive Abriss maroder Gebäude, Bau, Planung und Erwerb von Grundflächen wird dem Stadtplaner zufolge ungefähr 900 000 Euro kosten. Das Quartier liegt im Fördergebiet des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (Efre). Diese Innenhofgestaltung der öffentlichen Flächen kann daher mit 75 Prozent gefördert werden. „Ein Antrag wird gestellt“, sagt Dreßler.

Um das Projekt umzusetzen, gibt es aber noch eine Menge zu tun, denn keine der wichtigen Innenflächen ist Eigentum der Stadt. Genauer betrifft das die drei größten Grundstücke im Quartier: das Gelände der Alten Molkerei, das der insolventen Elektroanlagenbau (EAB) Görlitz GmbH und das des ehemaligen Autohauses. „Die Stadt bemüht sich im Moment, diese Flächen durch Kauf, Pacht oder Miete zu erwerben“, sagt Dreßler.

Schneller als die Stadt

Kurt Serafinowicz ist Eigentümer des Geländes der ehemaligen Molkerei. Auch ihm wurde das Projekt vorgestellt. Derzeit saniert er die Villa auf dem Gelände, in der noch die Görlitzer Tafel ihr Essen an Bedürftige ausgibt (siehe Beitrag unten). „Unabhängig davon, wie es später genutzt wird, muss das Haus erstmal erhalten bleiben“, sagt Serafinowicz. Die Molkereihalle komme als nächstes dran. „Bis die Stadt etwas auf die Reihe kriegt, werde ich wohl längst damit fertig sein“, sagt er. Dem Projekt der Innenhofgestaltung scheint er skeptisch gegenüber zu stehen.

„Für uns ist es gut, wenn marode Gebäude privat saniert werden“, sagt Dreßler, denn auf private Investoren und Initiativen hofft die Stadt. Auch die Wohnungsbaugesellschaft Görlitz mbH (WBG) vermietet im Molkerei-Quartier. Zudem soll das Berufsschulzentrum-Internat (Hainwald) in die Konsulstraße 23 ziehen. „Soweit es möglich ist, wollen wir versuchen, uns mit diesem Grundstück an dem Konzept beteiligen“, sagt der Chef der WBG, Gerd Kolley.

Das Gelände mit dem ehemaligen Autohaus an der Konsulstraße verwaltet Jürgen Heid. Die insgesamt rund 6 000 Quadratmeter gehören einer Erbengemeinschaft aus den westlichen Bundesländern. Heid findet das Konzept der Stadt gut für die Innenstadtbelebung und nimmt das auch von den Besitzern an. „Sie hängen sehr an dem Grundstück und würden sich freuen, wenn hier wieder etwas vorwärts geht.“ Doch werden sie, Heids Aussage zufolge, sicherlich nicht einfach Geld hinlegen, um sich zu beteiligen. Anders könnte es sein, gehe es um Verkauf oder Verpachtung auf dem Gelände.

Mieter ohne Einfluss

Die Verhandlungen mit den Eigentümern sollen möglichst noch in diesem Jahr abgeschlossen werden, sagt Dreßler. „Gebaut wird dann ab 2006.“ Bei der Gestaltung der öffentlichen Flächen bestehe Zeitdruck, denn das Geld aus dem Efre-Fördertopf müsse bis 2007 ausgegeben werden. „Die meisten der überwiegend privaten Eigentümern werden Nutznießer des Ganzen sein“, sagt Dreßler und meint damit die der Häuser, die das Quartier eingrenzen. Denn es werden die öffentlichen Flächen durch die Stadt gestaltet. Andererseits können diese Besitzer so auch nur bedingt Einfluss auf das Ganze nehmen. Die Mieter selbst gar keinen.

Pastor Immer zumindest ist neugierig und hofft, dass der hässliche Anblick vielen Grünflächen und wenig Beton für Parkplätze weicht.