Von Andreas Rentsch
Das alte Rudolf-Harbig-Stadion behält Philipp Köster in guter Erinnerung. Der Chef des Fußballmagazins „Elf Freunde“ hat vor Jahren mehrmals auf der Gästetribüne gestanden – als Anhänger von Arminia Bielefeld. „Ich mag es, wenn ein Stadion auf den ersten Blick erkennbar ist.“
Abend mit „Elf Freunden“
In ihrem monatlich erscheinenden Blatt haben der 35-Jährige und seine Kollegen auch die Schattenseiten ostdeutscher Fußball-Fankultur beschrieben. Gewalttätige Ausschreitungen wie nach den Spielen von Dynamo-Teams gegen Union Berlin und Lok Leipzig am vergangenen Wochenende sieht der Journalist als prägendes Phänomen. „Hooligans sind im Osten eine dominierende Jugendkultur.“
Wenn Köster heute Abend im Dresdner Fußball-Museum an der Hauptstraße spricht, dann erzählt er möglicherweise auch von der Zeit, in der er seinem Verein zu jedem Auswärtsspiel hinterher reiste. „Damals war klar: Wenn es nach Schalke oder Bochum geht, gibt es Krawalle.“ Doch in den vergangenen Jahren sei das Gewaltpotenzial stetig geschrumpft. „In den meisten Stadien passiert nicht mehr viel.“
Auf solche Zeiten hofft auch Sebastian Schwerk, der Organisator des „Elf Freunde“-Leseabends in Dresden. Er setze große Hoffnungen in die neue Arena, sagt der 34-Jährige. Den Wahldresdner stören besonders die „verblendeten Argumente“ mancher Dynamo-Anhänger. „Woher haben 22-Jährige das Feindbild Westdeutschland?“
Jens Genschmar, Dynamo-Aufsichtsratsmitglied und Betreiber des Fußballmuseums, weiß eine Antwort auf diese Frage. Viele Aggressionen seien durch das Gefühl entstanden, sportlich abgehängt zu sein, sagt der 39-Jährige. Diese Haltung sei von älteren Hooligans an die nachfolgende Generation weitergegeben worden. „Viele, die sich mit den Lok-Anhängern geprügelt haben, sind gerade 18 oder 19. Die haben Dynamo in der ersten Bundesliga gar nicht erlebt.“
Immerhin: Durch den nun beginnenden Bau des neuen Stadions dürften die Chancen steigen, dass es künftig friedlicher bei Spielen der Gelb-Schwarzen zugeht – allein schon durch die Architektur und die Sicherheitstechnik der HBM-Arena. Philipp Köster bezeichnet das Projekt sogar als „Impuls für die Erneuerung des Vereins“.
Andererseits befürchtet er, die lebendige Fan-Kultur werde leiden, wenn der Neubau in Betrieb geht. „Ich denke da zum Beispiel an Musik, die vor dem Spiel permanent läuft. Da haben die Fans gar nicht mehr die Gelegenheit, sich ordentlich einzusingen.“
Solche Folklore schildern die „Elf Freunde“-Autoren in ihren oft gelobten Reportagen, Kommentaren und Berichten. Verbale Attacken des Gegners gehörten im Stadion übrigens dazu, findet Philipp Köster – genauso wie das Anfeuern der eigenen Mannschaft.
Legendäre Niederlagen
Mit mancher leidvollen Erfahrung des erklärten Arminia-Anhängers („1:11 gegen Dortmund und 1:8 gegen Bremen“) dürften sich manche Dynamo-Fans identifizieren, die noch mit Grausen an das legendäre 3:7 gegen Bayer Uerdingen im Europapokal 1985 denken. Köster sieht es in jedem Fall sportlich: „Letztlich redet man noch heute über diese Spiele. Das ist doch das Beste, was passieren kann.“
Heute 21 Uhr startet die letzte Etappe der „Elf Freunde“-Lesereise im Fußball-Museum an der Hauptstraße 7. Eintritt: 13 Euro
www.dresdner-fussball-museum.de
www.11freunde.de