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Neustadts Bergbauden wieder am Start

Die Einkehr auf dem Ungerberg und der Götzingerhöhe ist wieder möglich. Etwas Bestimmtes hat geholfen, die außergewöhnliche Zeit zu meistern.

Von Anja Weber
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Isabel Ukley (links), die Objektleiterin auf dem Ungerberg in Rugiswalde bei Neustadt und Küchenchefin Sandra Tompler freuen sich auf ihre Gäste.
Isabel Ukley (links), die Objektleiterin auf dem Ungerberg in Rugiswalde bei Neustadt und Küchenchefin Sandra Tompler freuen sich auf ihre Gäste. © Daniel Schäfer

Isabel Ukley ist voll in ihrem Element. Die Objektleiterin vom Ungerberg im Neustädter Ortsteil Rugiswalde sprüht vor Tatendrang. Die letzten Wochen waren für sie keine schöne Zeit, keine Gäste empfangen, nichts. Und Sandra Trompler hat sich nichts sehnlicher gewünscht, als ganz schnell an den Küchenherd zurückzukehren. Und nun ging es für sie beide und ihre Kollegen doch ganz fix. 

Wie funktioniert es, zwei Bergbauden von heute auf morgen auf Null und dann Wochen später wieder von heute auf morgen auf 100 hoch zu fahren? Peggy Windler, der Chefin der beiden Neustädter Bergbauden Ungerberg und Götzingerhöhe ist das Kunststück gelungen. Die beiden beliebten Ausflugsziele weit über Neustadts Grenzen hinaus bekannt, sind wieder geöffnet, täglich ab 11 Uhr. 

Sie hatte wohl mehr aus dem Bauchgefühl heraus gehandelt, als sie schon zu Beginn der Krise sich entschloss, die beiden Gaststätten und Hotels auf Neustadts Bergen komplett dicht zu machen. Damals hieß es noch, Gaststätten dürften unter Einschränkungen weitermachen. "Klar hätten wir für ein paar Tage bis 18 Uhr öffnen dürfen. Aber mir war klar, dass alles auf eine Komplettschließung hinauslaufen wird. So ist es ja auch gekommen", sagt sie.

Da beide Bauden reine À-la-carte-Geschäfte sind und noch nie im Lieferservice und Abholgeschäft gearbeitet haben, wären beide sowohl technisch als auch vom Personal her nicht in der Lage gewesen, das  zwischendurch anzubieten. "Der wirtschaftliche Schaden wäre weitaus höher gewesen. Schon deshalb war es richtig, wie wir es getan haben", sagt sie. Das hieß allerdings, Kurzarbeit für alle Mitarbeiter. Im Team habe man alles gemeinsam besprochen. Mit ihrer Entscheidung sei sie auf viel Verständnis gestoßen.

Dann hieß es, alles Technische zu veranlassen, damit der Betrieb still gelegt werden konnte. Schon ahnend, was passieren wird, wurde der Einkauf im Vorfeld schon reduziert. Verderbliche Ware wurde dann auf einem Basar an die Mitarbeiter verschenkt, auch als Dankeschön. Und die hielten zur Stange. Zwischendurch kamen sie freiwillig zum Arbeitseinsatz, damit das Umfeld der beiden Bauden in der Schließzeit nicht komplett zuwuchert und vergammelt. Peggy Windler weiß das zu schätzen. Solche außergewöhnlichen Situationen könne man nur mit einem starken Team im Rücken meistern, ist sie sicher.

Auf der Götzingerhöhe in Neustadt ist wieder alles bereit. Auch hier wurde der Betrieb innerhalb von drei Tagen vom gesamten Team hochgefahren.
Auf der Götzingerhöhe in Neustadt ist wieder alles bereit. Auch hier wurde der Betrieb innerhalb von drei Tagen vom gesamten Team hochgefahren. © Steffen Unger

In der Zwischenzeit war man nicht untätig. So wurde auf dem Ungerberg das Partyhaus neu möbliert und der neue Sanitärtrakt fertig gestellt. Am Aussichtsturm wird noch gebaut. Und auf der Götzingerhöhe wurde die Kaminlounge zur Sessellounge umgewandelt. Und Peggy Windler kämpfte sich in dieser Zeit wie viele andere Wirte durch Berge von Unterlagen und Anträgen. Einmal pro Woche gab es per Whatsapp eine viertelstündige Ansprache an die Mitarbeiter, um sie auf dem Laufenden zu halten. Mit den Eigentümern der Bergbauden ist sie übereingekommen, dass die Miete vorerst ausgesetzt wird, um die Liquidität zu sichern.

Und dann kam die Ansage, ab dem 15. Mai dürfen die Gaststätten wieder öffnen, unter Auflagen. Welche das waren, haben die Gastwirte erst drei Tage vorher erfahren. Wieder hat sich Peggy Windler auf ihr Bauchgefühl verlasen. Schon Tage vorher hat sie mit den Leitungskräften einen Masterplan geschmiedet, wie die Hygiene- und Abstandsregeln einzuhalten sind, was an Ware bestellt werden muss und und und. Wie andere Gastwirte auch, hat sie bemerkt, dass zum Beispiel die Preise für Desinfektionsmittel sprunghaft angestiegen sind, auch die für Masken. Während vor ein paar Wochen 50 Stück der einfachen Ausführung noch 7,50 Euro gekostet haben, waren es jetzt 70 Euro. 

Wieder zurück zum Normalbetrieb?

Ohne Liquiditätshilfen wird es auch auf dem Ungerberg und der Götzingerhöhe nicht gehen. Auch die ab 1. Juli gültigen sieben Prozent Mehrwertsteuer würden das nicht abfedern. Die sind nur für ein Jahr und nur auf Speisen gültig, was etwa nur die Hälfte ausmacht. Von dieser Regelung würden kaum die entstandenen Defizite wettgemacht . "Wir hatten eigentlich gehofft, dass man davon den Berufsstand verbessern und zum Beispiel auch mehr bezahlen kann. Wir brauchen junge Leute in der Gastronomie. Und die Entlohnung ist da wichtig", sagt die Wirtin. 

Alle Mitarbeiter wurden am 12. Mai wieder an ihre Arbeitsplätze geholt. Die Außenanlagen wurden auf Vordermann gebracht, die Küchen und die Gasträume wie auch die Zimmer. Auf den Neustart haben sich alle gefreut. Und dennoch gab es am Freitag lange Gesichter. Wo sind die Gäste geblieben? Auch am Sonnabend sah es noch nicht danach aus, als wenn diese wieder wie zu alten Zeiten die Bergbauden erstürmen.

Am Sonntag dann der Durchbruch. Es sei fast wie immer gewesen, sagen die Mitarbeiter. Der Neustart ist demnach gelungen. Doch wie geht es nun weiter? Derzeit sind keine Mitarbeiter mehr in Kurzarbeit. Ob das so bleibt, kann Peggy Windler nicht vorhersehen.  "Wir beobachten die Situation jetzt. Mit Himmelfahrt und Pfingsten kommen ja auch wieder ein paar starke Tage", sagt sie.  Wichtig ist aus ihrer Sicht, dass sich die Gäste an die Hygiene- und Abstandsregeln halten. In den beiden Bergbauden habe man auf jeden Fall alles dafür getan, dass sich die Gäste sicher fühlen. Alle Vorkehrungen wurden getroffen, alles gereinigt und desinfiziert. Auch an die Auflagen hält man sich. Peggy Windler hat ihre Mitarbeiter noch einmal extra darauf eingeschworen. Wer trotzdem ängstlich ist, kann ja auch in der Woche kommen, wo der Publikumsverkehr nicht so stark ist. An den Preisen und auch dem Angebot hat sie nichts geändert. "Es ist unser Herzenswunsch, dass die Leute aus der Region wieder zu uns kommen", sagt Peggy Windler. 

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