Von Romy Kühr
Grün ist die Farbe der Hoffung. Stimmt nicht ganz. Es ist rosa. Zumindest für Christine Bitterlich. Schon am Schriftzug im Schaufenster ihres neuen Ladens an der Ebersbacher Bahnhofstraße fällt die grelle Farbe ins Auge. „Man muss ja zu sehen sein, wenn man Erfolg haben will“, sagt die Neu-Unternehmerin. Am Dienstag hat sie ihren kleinen Laden eröffnet, in dem sie unter dem Namen „Kleines und Feines“ vor allem Wohnaccessoires verkauft. In den setzt Frau Bitterlich nun all ihre Hoffnung. Ihre größte ist: „Ich will wieder wirtschaftlich unabhängig sein.“ Denn nach 30 Jahren in der Gastronomie war Frau Bitterlich in der letzten Zeit auf Unterstützung vom Amt angewiesen. „Aber das ist nichts für mich.“ Auch das zuhause sein sei gar nicht ihr Ding gewesen, sagt die lebensfrohe Frau. Deshalb hat sie den Schritt gewagt, sich mit 60 Jahren noch einmal selbstständig zu machen. Es gab durchaus Leute, die sie deswegen für verrückt erklärten. „Aber fünf Jahre kann ich doch noch gut und gerne arbeiten“, findet Frau Bitterlich. Und sie hat auch schon einen Plan B, falls es mit dem Verkauf von Deko-Artikeln nicht so gut klappt, wie geplant. Dann will sie auf Second-Hand-Bekleidung umschwenken.
Anfang des Jahres hatte sie die Idee mit dem eigenen Geschäft, suchte einen Laden, recherchierte Lieferanten und richtete ihr Lädchen ein. Mit dem Sortiment hat sie offenbar den Geschmack der Ebersbacher getroffen. Viele Neugierige kamen am Eröffnungstag – und kauften auch etwas. Manches muss Frau Bitterlich schon nachbestellen. Eine hübsche Deko-Laterne zum Beispiel. Frau Bitterlich setzt auch auf ihren Bekanntheitsgrad in der Stadt. „Durch meine jahrelange Arbeit in der Gastronomie kennen mich viele.“ Ein beständiger Kundenstamm ist auch das, wovon viele der Händler auf der Bahnhofstraße leben. Das sagt Bernd Stürmer. Er betreibt schon seit Jahren nur einige Meter entfernt von Frau Bitterlichs Geschäft einen Schmuckladen und engagiert sich in der Interessengemeinschaft Bahnhofstraße, einem losen Händlerzusammenschluss. „Auf Laufkundschaft können wir nicht hoffen. Hierher geht keiner bummeln, die Leute kommen ganz gezielt, wenn sie etwas brauchen.“ Das Plus, das Ebersbach gegenüber größeren Städten wie zum Beispiel Zittau hat, seien die Parkmöglichkeiten, sagt Stürmer. „Bei uns können sie bis vor den Laden fahren.“ Deswegen kämen manche lieber hierher, wenn sie etwas bestimmtes brauchten, als etwa in Zittaus Innenstadt erst einen Parkplatz zu suchen. Insgesamt habe sich auf der Bahnhofstraße als Eberbachs Zentrum aber nicht viel verändert in den letzten Jahren. Die großen Geschäfte stehen leer, wie zum Beispiel das Gebäude gegenüber seines Ladens. Erst kürzlich hat es wieder den Besitzer gewechselt. „Es fehlt ein schlüssiges Konzept“, sagt Stürmer. Ein positives Beispiel für eine neue Laden-Nutzung sei der Sportshop, der seit einigen Jahren im ehemaligen Kaufhaus an der Bahnhofstraße ist. Es war ebenfalls dem Verfall preisgegeben. Solche Vorhaben seien es, so Stürmer, die der Bahnhofstraße mehr Attraktivität verleihen. Allzu euphorisch sagt er das nicht. Er sei aber froh über jeden neuen Laden. „Jedes Schaufenster, das nicht leer ist, tut etwas fürs Gesamtbild der Einkaufsstraße.“ Auch deshalb freut er sich über den Händler-Zuwachs in der Nachbarschaft.
Außerdem kämpfen Stadt und Händler mit verschiedenen Aktionen um Kunden. Der Frischemarkt jeden Freitag ist so eine. „Hier trifft man sich“, sagt Stürmer. Für viele Ebersbacher gehört der Markt zum Wochenprogramm. Allerdings seien es überwiegend Ältere. Mehr Publikum erreichen die Händler mit dem Mittsommerfest, bei dem die Geschäfte bis in den späten Abend offen sind. Das findet am 21. Juni wieder statt. Frau Bitterlich macht auch mit. „Gerade wenn man neu ist, muss man sich einbringen“, sagt sie. Sie will etwas für Kinder anbieten. Schminken oder malen, das weiß sie noch nicht so genau. Auf jeden Fall wird sie sich gut vorbereiten – und hofft darauf, dass das Wetter hält, sodass einige Überraschungen draußen stattfinden können. Die Zeichen stehen gut – eine Wand in ihrem Laden hat sie doch noch in grün gestrichen - der Farbe der Hoffnung.