Von Birgit Ulbricht
Einen Tag nach der Auftaktveranstaltung zur Agenda 21 sprudelt Matthias Schmieder schon wieder vor Ideen. Die Agenda-Verantwortlichen der Kommunen trafen sich gestern in Dresden, und Schmieder konnte nach dem Start am Mittwochabend mit guten Gewissen fahren. Dass 98 Bürger kamen, hatte er nicht erwartet. Und auch die Ideen, die die Leute vorbrachten, sind ein guter Anfang. Ob Stadtentwicklung, Regenwassernutzung, soziale Dienste, eine Schul-Agenda oder natürlicher Hochwasserschutz, die Großenhainer hatten bereits viele Vorschläge, die gesammelt und in drei Arbeitskreisen weiter diskutiert werden.
Keine Expertenrunde machen
Viele Erfahrungen nach acht Jahren Agenda-Arbeit brachte Steffen Judersleben aus Freiberg mit, der als Agenda-Koordinator und Stadtbauamt-Mitarbeiter, die Ideen der Bürger in die Verwaltung bringt. Die Bergbaustadt hatte sich Mitte der 90er Jahre aufgemacht, nach neuen Chancen und einem neuen Selbstverständnis zu suchen. Und beides fand sie in einer bewussten Abkehr von den fossilen Rohstoffen, um deren Förderung es längst nicht mehr gut stand. Heute ist Freiberg mit 29,7 Watt pro Einwohner Solarleistung aus Photovoltaikanlagen die Solarhauptstadt des Ostens. 700 Arbeitsplätze sind durch das Bürgerkraftwerk entstanden und eine Vielzahl von konkreten Projekten, die alle auf eines abzielen - „Enkel-verträglich“ zu leben, wie Andreas Görlitz es nannte.
Wie die Großenhainer am Mittwochabend haben auch die Freiberger mit einem Auftaktveranstaltung begonnen, Arbeitsgruppen gegründet und interessante Themen gesammelt. Mit den damaligen Mitteln von SAM, ABM und Zivi holte man sich etwas Unterstützung für die Alltagsarbeit. Noch heute gibt es eine Agenda-Geschäftsstelle in Freiberg, die allerdings dieses Jahr zum letzten Mal von der Stadt finanziell unterstützt wird. Dann soll sie durch Projekte gehalten werden. Auf Foren wurden in Freiberg die Ergebnisse der Überlegungen dargestellt. Die dürfen bei Bürgern und Verwaltung getrost unterschiedlich sein, sagte Judersleben schmunzelnd. Wichtig sei es, auf ein klares Ergebnis hinzuarbeiten.
Die Großenhainer sollten auch aufpassen, dass aus den Gesprächen keine Expertenrunden werden, sonst würden sich die Bürger schnell verabschieden. Und er sagte, was die Agenda 21 alles nicht ist: ein reines Umweltprojekt; eine Runde, um Forderungen zu stellen oder sich Vorwürfe zu machen und keine Sache der Verwaltung.
Oma-Dienst fand Sympathie
Heraus kamen in Freiberg viele bemerkenswerte kleine und große Aktionen, wie der Freiberger Oma-Dienst für junge Familien, Schule mit Courage, Interkulturelle Tage, ein Naturspielplatz, ein dauerndes Forum zu erneuerbaren Energien, der Ökomarkt, Schulpartnerschaften mit Nepal und eben jenes über Freiberg hinaus bekannte Bürgerkraftwerk. All das hätte das Leben lebenswerter gemacht. Manches habe sich auch einfach realisieren lassen. Auch das müsse man manchmal akzeptieren.