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„Nicht fallen gelassen, nicht vergessen“

Vier Tage einfach weg. Ausgelöscht. Raus aus dem Gedächtnis. Keine Ahnung, was damals passiert ist, im September des Jahres 2000. „Ich glaube, es war der 13.“, sinniert Stefan Himpel. Ein Tag, der sein Leben veränderte.

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Von Matthias Klaus

Vier Tage einfach weg. Ausgelöscht. Raus aus dem Gedächtnis. Keine Ahnung, was damals passiert ist, im September des Jahres 2000. „Ich glaube, es war der 13.“, sinniert Stefan Himpel. Ein Tag, der sein Leben veränderte. Von Grund auf. Der junge Bereitschaftspolizist war auf dem Weg nach Hause. „Irgendwo auf der Strecke muss es dann passiert sein. Ich weiß nicht wie“, sagt der Zittauer. Nur soviel: Es war kein anderer beteiligt, und er war nicht zu schnell unterwegs mit seinem Motorrad. „Vielleicht Tempo 70 oder 80. Das wurde mir nachher erzählt“, erinnert sich Stefan Himpel. An mehr nicht. Nicht an den Unfall, nicht an die Tage danach. Heute sitzt Stefan Himpel, 27 Jahre alt, im Rollstuhl. Und arbeitet wieder bei der Polizei.

Zweieinhalb Jahre war der Polizist zu Hause. „Davon lag ich schon allein ein halbes Jahr in Kreischa zur Reha“, sagt er. Seine Zukunftschancen bei der Truppe – damals sah sie Stefan Himpel wohl schwinden. „Das Problem war, dass ich kein Beamter auf Lebenszeit war, sondern Beamter auf Probe“, erzählt er. „Aber die Polizei hat mich nicht vergessen, mich nicht fallen gelassen. Dafür möchte ich mich einfach mal bedanken.“ Viele Leute, sagt der Polizeimeister, haben daran Anteil, dass er heute im Revier Zittau arbeitet. Im Jahr 2000, da war noch Görlitz sein Arbeitsplatz. Die Bereitschaftspolizei hatte es ihm angetan. „Klar, ich habe das gerne gemacht“ sagt er und erzählt von seinen Einsätzen. Bei Fußballspielen, Demonstrationen, aber auch beim Castor-Transport. „Es war schon interessant“, blickt Stefan Himpel zurück. Dann der Unfall, mit ihm das Aus als Bereitschaftspolizist.

„Man hat sich um mich gekümmert, ständig nachgefragt“, sagt er. Das Präsidium der Bereitschaftspolizei in Leipzig schickte einen Arzt. Der „Fall Himpel“ beschäftigte das Präsidium in Dresden, natürlich die Polizeidirektion Görlitz. Und den Görlitzer CDU-Landtagsabgeordneten Volker Bandmann. „Er sprach mit dem damaligen Innenminister Klaus Hardrath über mich“, sagt der Polizist. Augenscheinlich mit Erfolg. „Ich hatte Glück im Unglück“, findet Stefan Himpel.

Glück, weil im Jahr 2000 gerade die Sanierung des Zittauer Polizeireviers begann. Breite Gänge für den Rollstuhl, eine behindertengerechte Toilette dem Büro gegenüber – der Polizeimeister fand ideale Arbeitsbedingungen. Sein Büro in dem denkmalgeschützten Haus am Haberkornplatz ist polizeitypisch sachlich ausstaffiert. Aktenordner, ein paar Stühle, ein Computer auf dem Schreibtisch. Durchs offene Fenster dringt der Fahrzeuglärm vom Theaterring herein. „Ich beschäftige mich nicht mit sinnlosen Tipparbeiten, nicht mit Pillepalle“, schmunzelt der tatkräftige junge Mann.

Ermittlungsarbeit – das ist sein Metier. „Ich mache das, was viele andere Kollegen hier auch tun“, sagt er. Keine Extrawurst. So genannte Opferdelikte landen bei ihm auf dem Tisch. „Dazu zählt zum Beispiel Körperverletzung, üble Nachrede, Beleidigung“, erläutert Stefan Himpel ganz fachlich. Wahrscheinlich kein Vergleich zu seinem Job als Bereitschaftspolizist. Er winkt lachend ab: „Nein. Aber unter uns gesagt: Die Ermittlungsarbeit, die ich mache, gehört zu der interessantesten im Haus.“