Von Regine Schlesinger und Franz Werfel
Dippoldiswalde. Es geht um ein prinzipielles Problem, nicht um den Einzelfall, antwortet Reinhard Pitsch (parteilos), Bürgermeister von Hartmannsdorf-Reichenau, auf die Frage, warum er den offenen Brief der Bürgermeister im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den sächsischen Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (CDU) unterschrieben hat. Darin kritisieren die 36 Bürgermeister und der Landrat ungeordnete Asylverfahren und eine Überforderung von Bund und Freistaat. Sie verweisen auf die hohen Kosten für die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge, welche zwangsläufig die staatlichen und die kommunalen Haushalte überfordern. Allerdings: Hartmannsdorf-Reichenau gehört zu den Kommunen, die bisher noch gar keinen Flüchtling aufgenommen haben. Reinhard Pitsch sieht in den kritischen Worten des offenen Briefes und der Tatsache, dass seine Kommune noch keine Asylbewerber untergebracht hat, aber keinen Widerspruch. „Früher oder später werden wir das tun“, sagt er. Der Brief zeige allgemeine Probleme auf, die Bund und Land lösen müssen. Da könne Hartmannsdorf-Reichenau nicht sagen, dass es die Gemeinde nichts angehe, nur weil noch keine Flüchtlinge da sind. „Wir können doch die anderen Kommunen nicht im Regen stehen lassen, sondern müssen alle zusammenhalten“, erklärt der Bürgermeister.
Kein böser Wille
Das sieht auch Dorfhains Bürgermeister Olaf Schwalbe so (CDU). Auch er hat den offenen Brief unterzeichnet, obwohl Dorfhain so wie Hartmannsdorf-Reichenau noch keinen einzigen Asylbewerber aufgenommen hat. Er wolle die Solidargemeinschaft innerhalb des Landkreises stärken, sagte Olaf Schwalbe auf eine Nachfrage der SZ. „Wenn da einer nicht mitgemacht hätte, wäre das schlimm gewesen“, urteilt Schwalbe. Er beobachte im Landkreis, „dass jetzt das große Zerfleischen losgeht“. Kommunen, die noch eigene Gebäude haben, könnten leicht Asylbewerber unterbringen. Er verstehe zwar die Bürger, etwa aus Tharandt, die es nicht in Ordnung finden, dass es immer noch Gemeinden im Landkreis gibt, die keine Asylsuchenden aufgenommen haben.
„Aber“, so Schwalbe, „wir haben einfach keine kommunalen Gebäude mehr in unserem Dorf. Das ist kein böser Wille.“ Seit mehr als einem Jahr bemühe er sich um Wohnraum. Er finde nur niemanden, der Wohnungen an Asylbewerber vermieten wolle. Olaf Schwalbe: „Ich könnte ein paar Zelte auf die Wiese im Erlebnisbad stellen.“ Aber das könne ja im Winter niemand ernsthaft verlangen. Er ist sich aber sicher: „Wir werden einen Weg finden, wie wir bis Jahresende Asylsuchende auch bei uns unterbringen können.“ Davon geht auch sein Amtskollege Reinhard Pitsch aus, ohne sich allerdings auf einen Zeitrahmen festzulegen. Er betont, dass in der Gemeinde schon nach Möglichkeiten gesucht worden ist, Asylbewerber unterzubringen. „Aber unsere kommunalen Wohnungen sind alle belegt.“ Und bei den privaten Vermietern, mit denen er gesprochen habe, war keiner bereit, an Flüchtlinge zu vermieten. „Aber wir verschließen uns dem Thema nicht“, versichert der Bürgermeister.