Von Madeleine Siegl-Mickisch
Staunende Besucher, die sich fühlen wie in den Erzählungen aus Tausend und einer Nacht, – das ist vorbei. Das Museum für Morgenlandfahrer im kleinen Leutwitz bei Göda ist seit fast einem Jahr zu. Im vorigen Sommer starb der Hausherr Ernst-Ulrich Walter. Über Jahrzehnte hatte der Rechtsanwalt eine einzigartige Sammlung von Tausenden Exponaten vor allem aus Südostasien und dem Mittelmeerraum zusammengetragen, und sich Anfang der 1990er-Jahre mitsamt seinen Schätzen auf einem Hof in Leutwitz niedergelassen. Doch nun ist unklar, wie es dort weitergeht.
Noch gibt es keine Klärung zwischen den Erben – auch wenn beide Seiten betonen, das Museum erhalten zu wollen. Das versichert Tochter Brigitte Walter-Wullweber aus Wuppertal, wo auch Ernst-Ulrich Walter vor seinem Umzug nach Leutwitz lebte. Und auch Ulrike Fetzer, Walters ältere Tochter, sagt: „Wir wollen das erhalten.“ Auch ihre Tochter, an die sie ihren Erbteil übertragen hat, wolle nichts verkaufen. Fetzer lebt selbst in Leutwitz und hat oft mit ihrem Vater Besucher durch das Museum geführt. Noch heute bekomme sie immer wieder Anfragen von Interessierten, die sich die Sammlung anschauen möchten. Doch daraus wird derzeit nichts.
Nun gibt es aber zumindest einen Lichtblick. Die Gemeinde Göda hat sich bereiterklärt, in ihrem Vereinshaus neben der Schule einen Raum zur Verfügung zu stellen. Dort könnten Vitrinen aufgestellt und darin etwa 100 Ausstellungsstücke aus Walters Sammlung gezeigt werden. Dabei handelt es sich um jene Exponate, die einer Stiftung gehören. Diese war schon zu Lebzeiten Ernst-Ulrich Walters gegründet worden, um den Erhalt der einzigartigen Sammlung zu unterstützen. Walter selbst war einer der Gründer, außerdem die Landkreise Bautzen und Görlitz. Einen Teil der Exponate hat Walter der Stiftung geschenkt, andere wurden angekauft. Sie sollten aber in Leutwitz bleiben. Wegen der unklaren Zukunft des Museums hat die Stiftung diese Exponate jedoch vor einigen Monaten abgeholt und im Kamenzer Museum der Westlausitz eingelagert.
Der Fachbeirat der Stiftung habe sich nach einer Vor-Ort-Besichtigung für die Ausstellung in Göda ausgesprochen, sagt Bürgermeister Peter Beer (Freie Wähler). „So könnte hier die Erinnerung an Ernst-Ulrich Walter wach gehalten werden.“ Dank der im selben Haus untergebrachten Bibliothek ließen sich auch regelmäßige Öffnungszeiten absichern. Doch einen Tag, bevor der Gödaer Gemeinderat sein Votum für die Einrichtung des Ausstellungsraumes gab, hat das oberste Gremium der Stiftung die Entscheidung dazu vertagt. Nun will der Stiftungsrat erst im vierten Quartal darüber befinden, ob die Exponate in Göda ausgestellt werden.
Beer zeigt sich enttäuscht. Er wollte eine schnelle Entscheidung, damit noch bis Ende Juni beim Kulturraum Fördermittel beantragt werden können, um den Ausstellungsraum im nächsten Jahr einzurichten. Auch Ulrike Fetzer, die nun anstelle ihres Vaters selbst im Stiftungsrat sitzt, ist enttäuscht. „Mein Vater wollte immer, dass die Sammlung hier bleibt.“ Sie wolle nun alle Hebel in Bewegung setzen, damit die Objekte bald wieder in der Region besichtigt werden können.
Das Konzept für eine Ausstellung in Göda ist noch nicht ausgereift, sagt dagegen Birgit Weber, Stiftungsratsvorsitzende und Beigeordnete im Bautzener Landratsamt. So sei noch zu klären, welcher Aufwand beispielsweise für Beleuchtung und Sicherheitsvorkehrungen nötig ist. Die Stiftung selbst habe wenig finanziellen Spielraum und sei deshalb neben der Kulturraum-Förderung auf weitere Geldgeber angewiesen. Allerdings gibt es auch noch die Überlegung, die Exponate als Dauerleihgabe ins Grassi-Museum nach Leipzig oder ins Museum für Archäologie nach Chemnitz zu geben. „Der Stiftungsrat wird den Fachbeirat bitten, das abschließend zu bewerten“, so Birgit Weber.
Ulrike Fetzer und Bürgermeister Beer gefällt die Vorstellung, dass die Objekte nach Leipzig oder Chemnitz gehen könnten, gar nicht. „Dann sind sie für uns unwiederbringlich verloren“, glaubt Beer. Auch würde das dem Ziel der Stiftung, die Sammlung möglichst zusammenhängend in der Region zu erhalten, zuwiderlaufen.