Noch viel Platz in Roßweins alter Post

Roßwein. Gaby Zemmrich kommt in der alten Post in Roßwein schnell ins Schwärmen. „Ich mag dieses Objekt wirklich sehr. Auch wenn es mir schon einige schlaflose Nächte beschert hat“, sagt die Projektmanagerin. Vor etwas mehr als einem Jahr ist das Gebäude offiziell übergeben worden. Insgesamt 1,8 Millionen Euro hat der Eigentümer, die Döbelner Grundbesitz GmbH, bereits investiert. Abhaken kann Gaby Zemmrich das Projekt aber noch nicht.
Das Hauptgebäude
Schon einige Zeit vor der offiziellen Übergabe sind drei Mieter ins Hauptgebäude (Haus A) eingezogen: im Erdgeschoss die Allgemeinarztpraxis von Dr. Clemens Otto, im ersten Obergeschoss die Ergotherapie von Silke Schneider und im zweiten Obergeschoss die Außenstelle des Roßweiner Rehazentrums.
Ihr und dem Eigentümer ist es aber bisher nicht gelungen, einen weiteren Mieter für das Hauptgebäude zu finden. „Im ersten Obergeschoss haben wir noch eine komplette Einheit von 120 Quadratmetern Größe frei“, so Gaby Zemmrich. Sie und der Eigentümer hätten schon Gespräche mit vielen Ärzten geführt.
Bislang habe sich keiner vorstellen können, in der alten Post in Roßwein eine Praxis anzusiedeln. Die Gründe dafür seien vielfältig. Den meisten gefalle das Umfeld nicht. Roßwein habe zwar einen gewissen Charme, aber „junge Leute wünschen sich eine lebendige Stadt mit Kneipen und Bars, Einkaufsmöglichkeiten, einem Kino“, zählt Gaby Zemmrich auf und fügt hinzu: „Wenn wir wenigstens eine Bahnanbindung hätten...“
Gaby Zemmrich könnte sich vorstellen, dass die Räume über der Allgemeinarztpraxis auch für ein Kosmetik- und Fußpflegestudio infrage kämen. Für 6,50 Euro pro Quadratmeter würde der Eigentümer die Räume vermieten. „Bei Neugründungen ist er kompromissbereit“, so Gaby Zemmrich.
Das Nebengebäude
Auch die Räume im Haus B, der früheren Paketannahme, stehen noch leer. „Rohbau und Trockenbau sind fertig. Aber es gibt bislang nur provisorische Heizkörper“, sagt Gaby Zemmrich. Geplant war ursprünglich, dort eine Rettungswache einzurichten. Weil ein Anwohner zu viel Lärm durch die ausrückenden Rettungsfahrzeuge befürchtete und dagegen klagen wollte, verabschiedete sich die Grundbesitz GmbH schließlich von dem Vorhaben (wir berichteten).
Später war an einen Umzug der Stadtbibliothek, die sich gegenüber der alten Post in einem sanierungsbedürftigen Gebäude befindet, gedacht worden. „Das wurde aber vom Stadtrat abgelehnt“, so Gaby Zemmrich. Sie vermutet, wegen des Mietpreises.
Das Dachgeschoss sei für eine Wohnung, ein Atelier oder Ähnliches geeignet. „Da haben mich die Preise für den Ausbau geschockt. Der würde 150.000 Euro kosten“, so die Projektleiterin. Übergangsweise nutzt die Grundbesitz GmbH die Räume nun als Lager für Inventar und Möbel. Das Dachgeschoss des Nebengebäudes ist, wie alle Etagen im Haus A, mit dem Fahrstuhl barrierefrei erreichbar. Sobald sich ein Interessent meldet, könnte der Umbau entsprechend seinen Vorstellungen beginnen.
Die Fassade
Als nächstes stehen noch Ausbesserungsarbeiten an der historischen Fassade des Gebäudes an. Zum Teil müssen Ziegel ausgebessert und neu verfugt werden. Auch am Sockel seien einige Ausbesserungen nötig. Das Relief an der der Sparkasse zugewandten Seite bedarf ebenfalls noch einer Überholung. Teilweise müsse das Haus dazu noch einmal eingerüstet werden.
Der Hof und das Zwischengebäude
Im Innenhof ist die Rettungstreppe errichtet worden, die als zweiter Fluchtweg dient. Der Hof selbst ist zunächst nur provisorisch hergerichtet worden. Er soll später noch gepflastert werden. Für die Mieter des Objektes sind Parkplätze geplant. Bevor das in Angriff genommen werden kann, muss geklärt werden, was aus einem verfallenen Haus wird, das an die alte Post an der Döbelner Straße angrenzt.
Der Eigentümer musste es mit erwerben, um genügend Platz für die geplante Rettungswache zu haben. Früher befand sich darin das Schreibwarengeschäft der Familie Hanken. Laut der Planerin ist das Haus nicht zu retten und muss abgerissen und völlig neu gebaut werden.
„Zunächst muss die Denkmalschutzbehörde zustimmen“, so Gaby Zemmrich. In ein bis zwei Wochen will sie die Bauvoranfrage einreichen. Für die geplante Gewerbeeinheit im Untergeschoss hat sie schon einen potenziellen Mieter. Im ersten und zweiten Obergeschoss soll eine Maisonette-Wohnung, eventuell mit einer Dachterrasse, enstehen.
Die Uhren und die Glocken
Das Gebäude verfügt über zwei Uhren. Deren Zeiger stehen derzeit still. Ziel sei es aber, das Uhrwerk wieder in Gang zu bekommen. Wann das soweit ist, vermag Gaby Zemmrich noch nicht zu sagen. Die beiden dazugehörigen gusseisernen Glocken sind aufgearbeitet und wieder auf das Dach geschafft worden.
„Das war ein Kraftakt, aber die Glocken haben einen herrlichen Klang“, so die Projektmanagerin. Geplant sei aber nicht, das Klangwerk durchgängig in Betrieb zu nehmen, sondern vielleicht nur an den Wochenenden. „Die Töne übertragen sich zu sehr in die Innenräume und würden stören“, sagt Gaby Zemmrich.
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