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Notfalls auf die harte Tour

Die Kassen der Gemeinden und Städte werden von Jahr zu Jahr leerer. Und das liegt nicht nur an sinkenden Zuwendungen von Land und Bund: Sie haben auch viele Außenstände.

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Von C. Karlshaus u. B. Ulbricht

Tausende Deutsche geben im Jahr mehr Geld aus, als sie sich überhaupt leisten könnten. Auch hiesige Städte und Gemeinde kämpfen mit unverbesserlichen Zeitgenossen, die auf zu großem Fuß leben. „Wir haben gegenwärtig 222 offene Posten. Unter‘m Strich sind das 358 000 Euro“, sagt Großenhains Kämmerin Elke Opitz. Dabei habe die Stadtkasse als Vollstreckungsbehörde der Verwaltung bei ihrer Arbeit unter öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Forderungen zu unterscheiden. Allerdings: Egal, um welche Säumigen es sich handelt, bei Zahlungsrückständen werde generell zweimal gemahnt. Nur in Einzelfällen erhielten die Betreffenden eine dritte Chance. Wer danach nicht zahle – beispielsweise Steuern, Gebühren oder Beiträge – wird vom städtischen Vollstreckungsbediensteten heimgesucht. Sein Job in diesem öffentlich-rechtlichen Fall: Herauszufinden, ob der Schuldner zahlungsfähig ist oder nicht zahlungswillig. „Es kann auch sein, dass die Begleichung des Betrages ganz einfach nur vergessen wurde.“ Andernfalls drohe eine Pfändung. Doch soweit muss es nicht immer kommen. Leute, die das Gespräch mit der Vollstreckungsbehörde suchen und bereit sind, ihre Schulden zu bezahlen, könnten auch in Raten abstottern.

Zahlungsmoral wird auch nicht besserAuch für Ebersbachs Bürgermeisterin Margot Fehrmann sind Außenstände nichts neues. „Dafür gibt es in unserer Kämmerei eine Mitarbeiterin, die extra geschult worden ist“, so Fehrmann. In den ersten Jahren nach der Wende habe die Gemeinde nicht immer alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft, dass ihr zustehende Geld einzutreiben. „Aber jetzt treiben wir die Gelder ein. Die Zahlungsmoral der Leute wird schließlich nicht besser. Wenn es sein muss, wird auch vollstreckt“, sagt Margot Fehrmann. In vielen Fällen würden die Betreffenden jedoch schon bei der Ankündigung des drohenden Ungemach hellhörig – und zahlten schließlich freiwillig.

Ganz massiv war Zabeltitz auf das Problem gestoßen. Beim Kassensturz in der Verwaltung stellte der zurzeit amtierende Bürgermeister Werner Raddatz fest, dass es bereits im ersten Quartal doppelt so viele offene Forderungen gab wie im ganzen letzten Jahr. Aufs Jahr hochgerechnet wäre das eine Vervierfachung. „Auf der einen Seite arbeitet die Gemeinde mit Kassenkredit, auf der anderen haben wir offene Forderungen in Größenordnungen. Das kann nicht sein“, sagt Offenbar hatte es sich herumgesprochen, dass in Zabeltitz nichts passiert. Damit ist jetzt Schluss. Werner Raddatz hat einen Stufenplan eingeführt. Persönliche Gespräche, Mahnungen, zur Not Kontopfändung oder andere anwaltliche Schritte. Bilanzierte Kämmerin Ilona Schieke auf der letzten Ratssitzung noch 247 000 Euro Außenstände, waren es gestern nur noch 125 000 Euro. Und Werner Raddatz will noch einen Schritt weiter gehen: Nächsten Dienstag wird es mit der Gemeinde Röderaue Gespräche über einen gemeinsamen Vollzugsbeamten geben. Weitere Gemeinde sind durchaus willkommen.

Vollzugsbedienstete hat der Landkreis natürlich. Allein drei Miarbeiter sind täglich damit beschäftigt, ausstehende Gelder einzutreiben. Dennoch: Auch hier versuchen es Säumige und Nullzahler immer wieder. Vor allem um Bußgelder für Falschparken oder Rasen sowie Gebühren für KfZ-Zulassungen wird die Behörde geprellt. Gefolgt von Müllgebühren. Das sind die beiden größten Ausfallposten, die Finanzdezernent Kurt Thiel zu schaffen machen.Wenn nichts hilft, wird das Konto gesperrtAuch das Landratsamt spricht zunächst die Leute an, schickt Mahnungen. Wenn alles nichts hilft, so der Finanzdezernent, wird das Konto gesperrt und der entsprechende Betrag gepfändet. „Dabei sind wir noch gar nicht so rabiat wie andere Kreise, aber wir denken darüber nach“, gibt Thiel zu. Gemeint sind zum Beispiel die Meißner Amtskollegen. Die legen dem Pkw eines zahlungsunwilligen Autofahrers kurzerhand die Kralle an oder nehmen den Wagen gleich mit. Erst wenn das Geld überwiesen ist, wird das Fahrzeug freigegeben. Auch die Sozialschnüffler gibt es hier noch nicht, die prüfen ob Antragsteller von Sozialleistungen wirklich bedürftig ist. Aber die Mitarbeiter hören sich schon um, bestätigt Thiel. Wer das über den Tisch ziehen will, muss mit saftigen Rückforderungen rechnen.