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Nur Blaulicht und Sirene zusammen schaffen freie Fahrt

Verkehrstipp. SZ und Polizei beantworten an dieser Stelle Leserfragen zum Straßenverkehr. Heute: Sondersignale

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Wer in Polen oder Tschechien die Fahrt eines Blaulichtautos beobachtet, ist erstaunt über dessen freie Fahrt auf breiter Bahn. Ruck-zuck macht jeder Platz, sprinten selbst Lkws auf Bordsteinkanten. Wer das nicht tut, hat schließlich saftige Strafen zu erwarten, da sind die Polizisten in unseren Nachbarländern alles andere als zimperlich und zeigen deutlich, wer die Macht vertritt.

In Deutschland ist das gemäßigter, wenn auch nicht grundhaft anders. „Muss ich wirklich anhalten, wenn mir auf der Lutherstraße die Feuerwehr mit Tatütata entgegenkommt?“, fragt Ingrid M. aus Weinhübel. Und Karl H. aus Königshufen hatte ein Problem auf der Gorki-Brücke, als er bei grüner Ampel auf die halbseitig gesperrte Straße fuhr, ihm dann aber ein Krankenwagen mit Blaulicht entgegenkam. Im Görlitzer Polizeirevier kennt Oberkommissar Peter Demme solche Probleme zur Genüge und erklärt die Regeln:

Zunächst einmal haben Sonderrechte nichts mit Sondersignalen zu tun. Auch ohne Signale haben Polizeifahrzeuge besondere Rechte, teilweise auch Fahrzeuge der Müllabfuhr, des Ordnungsamtes, der Vermessungsämter oder der Post.

Der Einsatz von Sondersignalen indes hat zwei Auswirkungen. Zum einen dient alleiniges Blaulicht der Absicherung von Ereignisorten (Unfall, Brand, Notarzteinsatz).

Zum anderen bewirken Blaulicht und Folgetonsignal (Martinshorn, Schwellsirene) das Wegerecht. Also nur, wenn Licht und Ton zusammenwirken, müssen andere Verkehrsteilnehmer für freie Fahrt sorgen. „Erforderlichenfalls ist anzuhalten“, heißt es im Gesetz. Wenn, wie beim Beispiel Lutherstraße, die Feuerwehr im Gegenverkehr freie Fahrt hat, muss nicht gestoppt werden. Aber: Kann man wirklich jede Situation voraussehen? Hält vielleicht ein Fahrzeug vor der Feuerwehr, so dass sie als Entgegenkommer ausweichen muss?

Auf jeden Fall sollte man immer mit dem Tempo runter. An Kreuzungen muss man sich sogar bei roter Ampel langsam vortasten, wenn ein Blaulicht-/Sirenenfahrzeug hinter einem steht. Andererseits sind auch die Fahrer der Einsatzwagen an die allgemeinen Vorsichtsregeln gebunden. Der genannte Krankenwagen an der Gorki-Brücke hätte sich also seine freie Fahrt nicht erzwingen dürfen, weil er den gesamten Fahrbereich gar nicht übersehen konnte, als er bei Ampelrot losfuhr. Wahrscheinlich kam er sogar ohne Sirene, denn sonst hätte ihn auch die Gegenseite bemerkt. Überhaupt: Blaues Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn darf nur verwendet werden, wenn höchste Eile geboten ist, also schwere gesundheitliche Schäden oder eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit abzuwenden sind. Neben Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst können es auch Zoll-, Feldjäger- und THW-Fahrzeuge sowie Unfallhilfsautos nutzen.

Peter Demme hält nichts von jenen Einsatzfahrern, die die Sirene mal an- und mal ausmachen. „Dann fällt es entfernteren Autofahrern nämlich schwerer, zu orten, aus welcher Richtung sich das Signal nähert.“ Nachts dagegen kann auf die Sirene verzichtet werden, sofern auf den Straßen Leere herrscht. Und manchmal sollte man sich nicht wundern, wenn ein Tatütata-Einsatzwagen plötzlich einfach ohne Signale weiterfährt. Dann ist ganz einfach über Funk mitgeteilt worden, dass das Fahrzeug nicht mehr benötigt wird.

Übrigens: Auch Hörgeschädigte oder Leute, die ihr Auto besser als ein rollendes Radio nutzen, müssen Sondersignale immer wahrnehmen können. Die Regeln dafür heißen schlicht und einfach häufiges Nutzen der Rückspiegel (so genannter Rundumblick) und Beachten der Reaktionen der anderen Verkehrsteilnehmer. Schwerhörige sollten zudem nie ohne ihr Hörgerät Fahrzeuge führen.

Also:

 Hört man die Sirene, vorausschauend fahren, bremsbereit sein!

• Besonnen an Kreuzungen heranfahren, immer Blinker setzen, um dem Einsatzfahrer die Richtung des Haltens oder Abbiegens zu zeigen!

• Immer daran denken, dass ein Einsatzfahrzeug meist nicht allein kommt (Löschzug der Feuerwehr)!

Notiert von Ralph Schermann

(Weitere Fragen: SZ, An der Frauenkirche 12, 02826 Görlitz, Telefon 03581/47 10 52 50)