SZ +
Merken

Nur die Hälfte der Schüler darf aufs Gymnasium

Der erste Bildungsbericht zeigt große Unterschiede in den Stadtteilen. Nicht nur Gorbitz macht Sorgen.

Teilen
Folgen

Von Andrea Schawe

Die soziale Herkunft bestimmt den Bildungserfolg – das ist eines der Ergebnisse des ersten Dresdner Bildungsberichts. Das gilt auch für die Kinder, die in Löbtau, Cotta, Gorbitz oder Gompitz zur Schule gehen. Für den Bericht analysierten die Wissenschaftler in den Stadtteile soziale Daten wie Arbeitslosigkeit, Alleinerziehende und Kinder mit Sozialgeldbezug und setzten sie mit den Bildungschancen ins Verhältnis. „Der Unterschied zwischen den Stadtteilen ist gravierend“, sagt Holger Kehler, der Leiter des Dresdner Bildungsbüros. Er hat die Ergebnisse kürzlich im Cottaer Ortsbeirat vorgestellt.

Ergebnis 1: Nur ein Drittel der Gorbitzer gehen aufs Gymnasium

Die schlechtesten Bildungschancen haben Grundschüler in Gorbitz. Der Stadtteil gehört neben Prohlis und Pieschen zu den Bereichen, in denen starke soziale Probleme vorhanden sind. Nur knapp ein Drittel der Gorbitzer Grundschüler bekommen eine Empfehlung für das Gymnasium. Im Ortsamtsgebiet waren es im Schuljahr 2010/11 etwa die Hälfte der Schüler, in Gompitz sogar 76,1 Prozent. Dresdenweit waren es rund 58 Prozent. Besonders auffällig ist auch der Unterschied in Löbtau: Während im nördlichen Teil noch die Hälfte der Kinder eine Empfehlung für das Gymnasium erhielten, waren es in Löbtau-Süd nur 39,2 Prozent.

„Je stärker die sozialen Probleme sind, desto seltener gehen die Grundschulkinder dort aufs Gymnasium“, sagt Kehler. Nach Meinung der Experten muss hier dringend gehandelt werden. „Dort, wo ärmere Leute wohnen, sollten die besten Schulen stehen“, sagt Kehler. Eine Schule in Gorbitz müsse anders funktionieren als eine in Blasewitz. Auch die Förderklassen für Schüler mit Lese-Rechtschreib-Schwäche an den Gorbitzer Grundschulen könnten eine Rolle spielen. „Die Schulen brauchen mehr Personal, vor allem aber Sozialarbeiter“, sagt auch Kreiselternsprecherin Annett Grundmann.

Ergebnis 2: Löbtauer Eltern

schicken ihre Kinder später zur Schule

Überdurchschnittlich viele Kinder, die in Löbtau-Süd aufwachsen, gingen ein Jahr länger in den Kindergarten. „8,9 Prozent der Kinder erhalten hier eine Rückstellungsempfehlung“, so Kehler. Auch in Naußlitz und Dölzschen liegt der Anteil mit knapp sechs Prozent über dem stadtweiten Durchschnitt von vier Prozent. In Gorbitz sind es nur knapp drei Prozent.

„Das lässt sich wahrscheinlich mit der Einstellung der Eltern, die sich zum Bildungsbürgertum zählen, erklären“, sagt der Leiter des Bildungsbüros. Viele möchten ihr Kind länger Kind sein lassen und schulen es später ein. Denn obwohl etwa 15 Prozent der zurückgestellten Kinder anschließend auf eine Förderschule gehen, liegt der Anteil im südlichen Löbtau bei nur 3,8 Prozent, in Naußlitz sogar bei null Prozent. In Gorbitz hingegen kommen etwa acht Prozent der Kinder auf eine Förderschule.

Ergebnis 3: In Gompitz sind die Jungen besser, in Dölzschen die Mädchen

Auffällig sind auch Unterschiede zwischen den einzelnen Schulen. So erhielten zum Beispiel an der 74. Grundschule 78,6 Prozent der Jungen eine Gymnasialempfehlung, aber nur 71,4 Prozent der Mädchen. An der 81. Grundschule hingegen lagen die Mädchen mit 80 Prozent weit vor den Jungen mit nur 52 Prozent. „Die Ursache könnte in den pädagogischen Konzepten liegen“, erläutert Holger Kehler. Wenn die Jungen stark benachteiligt werden, müssten die Konzepte angepasst werden.

Ergebnis 4: Gorbitzer und Cottaer Kinder haben häufig Sprachprobleme

Überdurchschnittlich häufig haben Vorschulkinder aus Gorbitz Probleme, Sätze und Wörter richtig zu bilden. Mit 38 Prozent ist der Anteil fast doppelt so hoch wie der bei Kindern aus Gompitz oder Altfranken. „Auch in Cotta und Cossebaude liegt der Anteil über dem Durchschnitt“, sagt Kehler. Stadtweit zeigen nur knapp ein Viertel der Kinder Sprachprobleme. Auch andere Auffälligkeiten – wie Störungen in der Fein- und der Grobmotorik – sind bei Kindern in den sozial schwachen Stadtteilen häufiger festzustellen. In Dresden hat hier jedes sechste Kind Schwächen.

Der Anteil gehe aber langsam zurück, so Kehler. Das sei vor allem auf gezielte Förderprogramme wie „Aufwachsen in sozialer Verantwortung“ zurückzuführen. Das Programm unterstützt sozial benachteiligte Kinder und ihre Familien schon im Kindergarten.

www.bildung.dresden.de