SZ +
Merken

Nur ein Görlitzer besitzt einen Waffenschein

Am Sonnabend jährt sich der blutige Anschlag in einem Erfurter Gymnasium zum ersten Mal. In der Folge dieses Ereignisses trat vor wenigen Wochen das verschärfte Waffengesetz in Kraft. Wichtige Neuerungen sind der „kleine Waffenschein“ und das Verbot von Schlagringen, Wurf-sternen und bestimmten Messern. Außerdem wurde die Altersgrenze angehoben.

Teilen
Folgen

Von P. Chemnitz und H. Engel

Die Nachfrage nach dem „kleinen Waffenschein“ (Kosten 50 Euro) hält sich im Görlitzer Ordnungsamt in Grenzen. Mit einem guten Dutzend bewilligten Anträgen liegt man in der Größenordnung, wie sie auch von den Behörden der Nachbarkreise wie etwa Bautzen registriert wurden.

Neues Waffengesetz

war überfällig

Das neue, modernisierte Waffengesetz sei überfällig gewesen, sagt Volker Klein, zuständiger Sachbearbeiter im Ordnungsamt. Nach der Aufhebung des restriktiven DDR-Waffengesetzes hätten sich viele Görlitzer mit Waffentypen eingedeckt, die das bundesdeutsche Recht zuließ. Veteranen des Zweiten Weltkrieges hätten sich Nachbauten der alten „Null-Acht“ angeschafft, viele andere Bürger wären auf die Dumpingangebote westdeutscher Händler und die von ihnen geschürte Angst vor Kriminellen hereingefallen. Bereits damals wäre ein neues Gesetz notwendig gewesen, sagt Klein. Die bisher geltenden Vorschriften, die im Wesentlichen auf dem alten Reichswaffengesetz beruhten, waren aber durch Sonderregelungen und eingearbeitete neue Erkenntnisse völlig überfrachtet worden.

Ausgangspunkt für die jetzt in Kraft getretene Neuregelung waren die Geschehnisse von Erfurt vor einem Jahr. Das neue Gesetz soll den Zugang zu Waffen erschweren. So ist jetzt für Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen der „kleine Waffenschein“ notwendig, wenn sie außerhalb der Wohnung und des Grundstücks getragen werden. Bisher reichte es für diese Waffen aus, volljährig zu sein.

Ohne Waffenschein in eine Kontrolle zu geraten, kann schlimme Folgen haben. Es handelt sich um eine Straftat, die mit einer Gefängnisstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe geahndet werden kann. Händler müssen den Verkauf der Waffen protokollieren. Der Eigentümer ist verpflichtet, das zuständige Amt mit der „Waffenbesitzkarte“ über den Kauf der Waffe zu informieren. Wurfsterne und Schlagringe sind künftig verboten, ebenso Spring-, Fall-, Faust- und Butterflymesser. Sie dürfen nicht mehr verkauft werden, ihr Besitz ist strafbar. Allerdings hat der Gesetzgeber eine Kulanzfrist gesetzt: Bis 30. August weist die Polizei lediglich auf das neue Recht hin. Ertappte haben die Möglichkeit Wurfsterne, Messer und Schlagringe straffrei abzugeben. Als „wirksames Verteidigungsmittel“ erlaubt das verschärfte Waffenrecht Reizgas. Jugendliche ab 14 Jahren dürfen Sprühgeräte kaufen.

Für Sportschützen wird das Alter für den Erwerb und Besitz von Schusswaffen auf 21 Jahre angehoben. Wichtig für Wettkampf-Schützen: Für Kleinkaliber-Sportwaffen und Einzellader-Flinten bis zu einem bestimmten Kaliber bleibt es bei der Altersgrenze von 18 Jahren. Für Jäger steigt die Altersgrenze von 16 auf 18 Jahre.

Behörden müssen Gutachten verlangen

Waffenbehörden müssen jetzt unabhängig von der Altersgrenze ein medizinisch-psychologisches Gutachten verlangen, „wenn Tatsachen Bedenken an der persönlichen Eignung begründen“, so das Bundesinnenministerium. Bisher war es eine Ermessensfrage der Behörde, ob sie ein Gutachten fordert. Amts- oder fachärztliche Zeugnisse über Eignung und Reife werden verlangt, wenn jemand eine erlaubnispflichtige Waffe kaufen will und jünger als 25 Jahre ist. Jäger sind von dieser Regelung ausgenommen. Sie haben durch die Ausbildung ihren Willen zum verantwortungsvollen Umgang mit Waffen nachgewiesen. Einen „richtigen“ Waffenschein besitzt übrigens nach Auskunft von Volker Klein nur ein einziger Görlitzer.