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Oberbürgermeisterin verliert Rechtsstreit

Weil die Verwaltung bei der Beantwortung von Anfragen bummelte, klagte ein Stadtrat gegen das Rathaus.

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Von Tobias Winzer

Stadträte haben gewöhnlich viele Fragen – an Bürger und politische Gegner, aber auch an die Stadtverwaltung. Damit sie diese möglichst zügig beantwortet bekommen, setzt die sächsische Gemeindeordnung eine Maximalfrist von sechs Wochen. Bereits nach zwei Wochen soll ein Zwischenbericht vorliegen. Weil das Rathaus diese Zeitspanne mehrfach überschritten hat, wurde Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) vom Dresdner Verwaltungsgericht verurteilt – und das bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr.

Im konkreten Fall geht es um eine Klage des Linken-Stadtrates Tilo Wirtz. Im Frühjahr des vergangenen Jahres wollte er wissen, seit wann die Stadt Kenntnis von Verstößen des Großvermieters Gagfah gegen die sogenannte Sozialcharta hatte. Nachdem die Sechs-Wochen-Frist verstrichen war, mahnte er die Oberbürgermeisterin zweimal an.

Als dann immer noch keine Antwort kam, entschied sich Wirtz zur Klage auf Beantwortung der Frage – mit Erfolg. Wenige Wochen später trudelte die Stellungnahme von Orosz ein. Vor Gericht landete die Sache danach nur, weil Wirtz mit einer sogenannten Feststellungsklage das Vergehen der Oberbürgermeisterin auch formal bestätigt wissen wollte.

Bereits im vergangenen Jahr, als die Klage auf Beantwortung der Fragen bekannt geworden war, hatte Orosz Besserung gelobt und die Stadtratsanfragen zur Chefsache gemacht. In ihrer wöchentlichen Dienstberatung wird seitdem die Einhaltung der Fristen überprüft. Außerdem kümmert sich eine Mitarbeiterin um die fristgemäße Beantwortung. 579 schriftliche Anfragen seien im vergangenen Jahr bei der Oberbürgermeisterin eingegangen, 545 davon seien in der Sechs-Wochen-Frist beantwortet worden, teilte Rathaussprecher Kai Schulz mit. „Obwohl sechs Wochen auf den ersten Blick lang erscheinen, bedarf die Beantwortung einer Stadtratsanfrage oft sehr intensiver Recherchen und Abstimmungen zwischen mehreren Ämtern der Stadt.“

Nach der jüngsten Niederlage muss die Stadt nun die Gerichtskosten von rund 2 000 Euro zahlen. Ob alle Antworten auf Stadtratsanfragen künftig pünktlich kommen, ist aber ungewiss. „Wir bauen aber darauf, dass sich die Oberbürgermeisterin nicht noch viele solcher Urteile einfangen will“, sagte Linke-Fraktionschef André Schollbach, der seinen Parteifreund Wirtz als Rechtsanwalt vertrat. Im März hatte bereits FDP-Stadträtin Barbara Lässig auf Beantwortung von Anfragen in zwölf Fällen geklagt und recht bekommen.