Ist Dresden bereit für Corona-Lockerungen?

Dresden. Offene Kitas, Kinos, Kneipen, Schwimmbäder und Hotels: In eineinhalb Wochen, am 18. Mai, soll Dresden wieder zur Normalität zurückkehren. Unter zwei Bedingungen: Es dürfen nur noch wenige Neu-Infektionen dazukommen. Außerdem muss das Gesundheitsamt schlagkräftig sein, falls eine neue Corona-Welle auf die Stadt zurollt. Erfüllt Dresden beide Voraussetzungen?
Recherchen des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) zufolge verfügt das Dresdner Gesundheitsamt als eines der wenigen in Sachsen über genügend Mitarbeiter, um Infektionsketten schnell nachverfolgen zu können. Bund und Länder hatten beschlossen, dass fünf Mitarbeiter pro 20.000 Einwohner zur Verfügung stehen sollen, um nachverfolgen zu können, wo sich ein Covid-19-Patient angesteckt hat, und wen dieser möglicherweise angesteckt haben könnte. Dem MDR zufolge hätten derzeit nur Dresden, Leipzig (Stadt und Land), Chemnitz, Görlitz und der Erzgebirgskreis genügend Personal in ihren sogenannten Kontaktverfolgungsteams.
Genügend Mitarbeiter um Kontakte nachzuverfolgen
Das Innenministerium antwortete dem MDR zwar, die Personalstärke orientiere sich am aktuellen Arbeitsaufkommen. Es könne schnell aufgestockt werden. Dennoch betonte Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) am Mittwochabend noch einmal ausdrücklich die Bedeutung der Gesundheitsämter. "Auf diese Frauen und Männer kommt es an", sagte er. "Wenn es Erkrankungen gibt, müssen wir schnell und konsequent nachverfolgen." Nur so könne möglichst viel wieder möglich werden. "Was wir erreichen müssen, ist ein Leben mit dem Virus, bis es einen Impfstoff gibt", so Kretschmer weiter.
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Die zweite Bedingung, an die die Lockerungen geknüpft sind, stellt die Infektionsrate dar. So gilt ab dem 18. Mai eine Obergrenze. Sollten sich mehr als 50 Menschen pro 100.000 Einwohner innerhalb von sieben aufeinanderfolgenden Tagen mit dem neuartigen Coronavirus infizieren, sollen Lockerungen wie Kita- und Schulöffnungen wieder zurückgenommen werden.
Damit es erst gar nicht zu solch einer hohen Rate kommt, sollen alle Sachsen ab sofort auch bei der kleinsten Erkältung zum Arzt gehen, betonte die sächsische Landesregierung am Mittwoch. Kinder sollten nicht mit einer Schnupfnase in die Kita oder Schule geschickt werden, sondern zuerst einen Arzt besuchen, sagte Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD).
Bis zu 270 Neu-Infektionen in sieben Tagen möglich
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) soll eine niedrigere Obergrenze von 35 Infektionen pro 100.000 Einwohner gefordert haben. Möglicherweise auch deshalb, da 50 Fälle pro 100.00 Einwohner in einer Woche durchaus viel sind, schaut man sich den bisherigen Verlauf der Epidemie in Dresden an. Umgerechnet wären das in der Landeshauptstadt rund 270 Neu-Infektionen in sieben Tagen. Das gab es seit Beginn des Corona-Ausbruchs nicht. Als die Epidemie an Fahrt gewann, kamen höchstens 185 Fälle in einer Woche zusammen, was rund 33 Fälle pro 100.000 Einwohner entspricht.
Wie ein neuer sogenannter Lockdown funktionieren soll, wenn in Dresden die neue Obergrenze überschritten wird, muss die Stadtverwaltung nun entscheiden. Auch, wie seine Einhaltung überprüft werden kann. Eine weitere Frage: Wie soll eine Verbreitung des Virus verhindert werden, wenn in den angrenzenden Landkreisen kein neuer Lockdown nötig ist, aber weiterhin Pendler aus Dresden dorthin fahren, und Menschen zum Arbeiten nach Dresden kommen? Eine entsprechende SZ-Anfrage liegt derzeit im Rathaus, die Verantwortlichen arbeiten an den Antworten.
Am Donnerstag war Dresden weit von der neuen Obergrenze entfernt. Über sieben Tage wurden lediglich 2,7 neue Fälle pro 100.000 Einwohner gezählt.
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