Von Carolin Barth
Im Atelier von Mathias Hennig riecht es nach Terpentin. Die neunjährige Cornelia rümpft ihre Nase. Doch ihre Augen funktionieren bestens. Hinterm Regal voller Farben entdeckt sie die Zeichnung einer Dame aus der Antike. „Die hab’ ich gestern an der Decke im Zwinger gesehen.“ Stimmt. „Die Decke der Porzellansammlung habe ich mit meinem Vater in den 70ern bemalt“, erzählt Mathias Hennig. Derzeit arbeitet er in Pirna. Im Atelier stöbern und staunen
Den Besuch hat das Kinder- und Jugendhaus Großröhrsdorf organisiert. Anlässlich des 105. Geburtstages des Großröhrsdorfer Künstlers und Restaurators Erich Hennig wandeln die Mädchen und Jungen auf dessen Spuren. „Wir wollen Kunst für Kinder erlebbar machen, sie dürfen sich ausprobieren. Wir zeigen ihnen, dass es in ihrem nahen Umfeld Künstler gibt, die überregional bekannt sind“, erklärt Ines Pieper vom Kinder- und Jugendhaus. Der Restaurator Mathias Hennig begleitet das Projekt und zeigt, wie ein echtes Ölbild entsteht. Doch bevor es an die Praxis geht, dürfen die Kinder erst einmal in seinem Atelier stöbern: Hier stehen Ölbilder, Skizzen von Deckenmalereien, in der Schublade schlummert feines Blattgold.
Seit 1980 ist Mathias Hennig freiberuflicher Restaurator, wie es schon sein Vater war. „Ölbilder male ich ja eigentlich weniger, ich restauriere und repariere eher, was kaputt gegangen ist“, erklärt er. Wie Malen mit Ölfarben funktioniert, weiß er trotzdem. Endlich geht’s los, die Kinder machen sich an ihr eigenes Kunst-Werk. Ein Gemälde von Erich Hennig soll als Vorbild dienen. „Das ist die Großröhrsdorfer Kirche“, sagt Lisa. „Genau, die sollt ihr malen.“ Oh je, das wird ganz schön schwer. „Ihr malt sie einfach so, wie ihr sie seht. Cornelia hat keine Bedenken: „Ich habe eine zwei in Kunst, ich kann das.“ Im Kinder- und Jugendhaus wirft sie sich in eine übergroße Bluse und krempelt die Ärmel hoch. „Malen macht mir schon immer viel Spaß.“ Ungeduldig rutscht sie auf dem Stuhl herum, noch ist die Leinwand weiß statt bunt.
Im Gegensatz zu den Wasserfarben, die Cornelia aus der Schule kennt, sind Ölfarben aus der Tube dick und zäh, ein bisschen wie Zahnpasta. Deshalb muss sie schon wieder den Terpentin-Geruch aushalten, nur das löst die Ölfarbe von Schweineborsten-Pinsel. Auf weiße Mischpaletten verteilt Mathias Hennig bunte Farbkleckse. Mit Holzkohle skizzieren die Kinder ihre Ideen vor.
Rote Rosen auf der Leinwand
Weil die Kirche für die Nachwuchskünstler doch etwas zu schwierig ist, denken sie sich eigene Motive aus. Tom, der Enkelsohn von Mathias Hennig entscheidet sich für einen Panzer, die sieben Mädchen zwischen neun und 17 Jahren wählen eher Verspieltes: Herzen und Blüten. Lisa, deren Bilder im Jugendhaus bereits Wände schmücken, verblüfft mit viel Talent. In feinen Linien und mit viel Liebe zum Detail zeichnet sie einen Frosch, eine Seerose und einen Fisch. „Das habe ich mir gerade ausgedacht“, sagt sie und verpasst dem Frosch einen grasgrünen Anstrich. Gekonnt setzt sie Akzente und Schattierungen. „Das sieht gut aus, aber auch deine Nachbarin macht ihre Sache gut“, lobt Hennig. Selina ist romantisch veranlagt, sie malt rote Rosen. Und Cornelia beweist, warum sie in Kunst eine zwei hat: Sie wagt sich an das Bildnis der Dame aus der griechischen Antike. Sie zeichnet es in hauchdünnen Linien exakt nach. Bis heute werden die Kunstwerke fertig sein. Gut eine Woche kann es dauern, bis sie endgültig getrocknet sind, dann wird Cornelia ihre Mama mit ihrem echten Kunstwerk überraschen.