Von Rudolf Hajny
Nach zwei Schlesischen Kriegen hatte sich 1756 eine Kräftekonstellation herausgebildet, die mit einem neuen Krieg schwanger ging: Österreich und Russland waren entschlossen, die Expansionsbestrebungen Preußens zu stoppen, das zahlungskräftige England unterstützte Preußen als seinen „Degen auf dem Festland“, Frankreich paktierte mit Österreich, und Sachsen, durch seine Misswirtschaft und militärische Schwäche verurteilt, Neutralität zu wahren, liebäugelte insgeheim mit einer Landverbindung nach Polen, wo der Kurfürst als König herrschte.
Warten auf die Österreicher
Preußen hatte in den Jahren seit dem zweiten Schlesischen Krieg seine Armee modernisiert, und Österreich und Russland planten für 1757 einen Feldzug, um den „Emporkömmling“ Preußen an weiteren Annexionen zu hindern. Friedrich II., über die Pläne seiner Gegner informiert, schlug am 29. August 1756 überraschend los und marschierte mit mehr als 65 000 Mann ohne Kriegserklärung in Sachsen ein, das in keiner Weise auf einen Krieg vorbereitet war.
Der Bestand der sächsischen Armee war auf etwa 17 000 Mann reduziert worden, ihre Ausrüstung in einem desolaten Zustand, und die Magazine waren leer. Der sächsische Oberbefehlshaber Rutowski entschloss sich, seine gesamte Armee auf der Pirnaer Ebenheit in einem Lager, das durch die beiden Festungen König- und Sonnenstein geschützt war, zu sammeln und mit Hilfe der Österreicher den weiteren Vormarsch der Preußen nach Böhmen zu verhindern.
So trafen die preußischen Einheiten auf keinerlei Widerstand, rückten, ohne dass ein Schuss gefallen war, bis in unsere Region vor und erreichten bereits am 2. September Bischofswerda. Am späten Nachmittag des 3. September erschien in Stolpen ein Erkundungstrupp. Es handelte sich um den Oberstleutnant Warneri, einen Schweizer in preußischen Diensten, der später als Militärschriftsteller von sich reden machte, und zwei Mann, einen Trompeter und einen Husaren. Diese drei Späher standen plötzlich vor dem offenen Burgtor, dessen Zugbrücke herab gelassen war. Die Besatzung der Burg hatte bereits am 31. August den Befehl erhalten, nach dem Sonnenstein zu marschieren, sodass nur noch der 74-jährige Kommandant von Liebenau mit einer Wache aus Invaliden und Bauern aus Altstadt auf der Burg war.
Warneri ritt auf den ersten Burghof, ließ den Trompeter „Appell blasen“, worauf sich der alte General „am Fenster zeigte und fragte, wer erlaubt hätte, in die Festung zu kommen“. Er wurde „heruntergebeten“, und Warneri „forderte ihm mit Ungestüm seinen Degen ab“. Und da der alte Herr dem Befehl nicht gleich nachkam, fühlte sich Warneri bedroht: „Ich konnte mir nicht mehr anders helfen und drückte meine Pistole auf den Herrn von Liebenau ab. Dies war der erste Schuss, der in diesem Krieg gefallen ist.“
Nach Hause geschickt
Der Kommandant seinerseits berichtete noch am Abend an den sächsischen Oberbefehlshaber, dass ein preußischer Offizier auf die Festung gekommen sei, „die Schildwache desarmirt“ (entwaffnet) und von ihm verlangt habe, „dass die allhier gegebenen Bauern nach Hause geschickt“ werden sollten. Als er sich zur Wehr setzen wollte, habe er von Warneris „Pistole eine Blessur in der linken Seite empfangen“. Warneri zog mit seiner Einheit weiter in ein Lager bei Doberzeit. Die Besatzer, die ihm folgten, zerstörten die Stolpener Wasserkunst und machten den Burgbrunnen unbrauchbar.