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Ohne Beistand schafft es keine

Niedercunnersdorf. Tina Radewaldt ist Brustkrebs- Patientin und Mitglied einer Selbsthilfegruppe. Anderen Frauen zu helfen ist ihr Herzenswunsch.

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Von Daniela Pfeiffer

Ich bin selbst in ein so tiefes Loch gefallen“, erinnert sich Tina Radewaldt an die Zeit vor neun Jahren, als bei ihr Krebs festgestellt wurde. „Es ist wichtig zu wissen, wie man da wieder heraus kommt“, sagt sie heute. „Das ist so schwer und ohne Hilfe eigentlich nicht zu schaffen.“

Deshalb – um selbst Hilfe zu erfahren, aber auch um anderen beizustehen – gehört sie der Selbsthilfegruppe „Die Optimisten“ an. „Ich wusste damals nur durch meine Ärztin, dass es die Gruppe gibt“, sagt die 55-jährige Niedercunnersdorferin. Noch immer stellen sie und ihre Mitstreiterinnen fest, dass es krebskranke Frauen gibt, die bisher kaum Beistand erfahren haben – größtenteils aus Unwissenheit über die Möglichkeiten. „Zu uns ist kürzlich wieder eine schwer kranke Frau gekommen, die sich mit dem Krebs jahrelang allein herumgeschlagen hat.“

Beistand gebe es, wenn überhaupt, oft nur im familiären Umfeld. „Leider gilt heutzutage viel zu sehr das Motto: Was geht mich Nachbars Elend an“, sagt Tina Radewaldt. Umso wichtiger sei der Halt, den eine Gruppe geben kann. Auf gemeinsamen Fahrten, beim wöchentlichen Sport, bei Gesprächsrunden – immer unterstützen sich die circa 30Frauen der „Optimisten“ gegenseitig, haben aber auch Spaß zusammen und genießen das Leben so gut es eben mit einer solchen Diagnose geht.

„Wir sind eine ganz lustige Truppe“, sagt Tina Radewaldt. Doch natürlich gibt es auch die schweren Momente. „Wenn wieder ein Stuhl leer bleibt, ist das für uns alle schlimm“, sagt sie. Dann halten die Frauen eine Schweigeminute ab. Zur Beisetzung zu gehen ist für sie Ehrensache. „Denn jede von uns könnte es als nächste treffen.“

Tina Radewaldt engagiert sich außerdem auch ganz privat für Leidensgenossinnen. Vor neun Jahren war sie die erste, die sich im Görlitzer Brustkrebszentrum eine neue Brust aus eigenem Körpergewebe modellieren ließ. „Seitdem bin ich eine Art Vorzeigepatientin“, lacht die lebenslustige Frau. Bei Ärztekongressen werde sie regelmäßig als „Anschauungsobjekt“ vorgezeigt. „Ich spreche auch immer wieder mit Frauen, die dasselbe vorhaben und unsicher sind, ob sie den Schritt wagen sollen.“ Mit diesen Frauen trifft sie sich im Görlitzer Klinikum oder fährt sogar zu ihnen nach Hause. „Ich will einfach, dass anderen Frauen geholfen wird, so wie mir geholfen wurde.“

„Die Optimisten“ treffen sich jeden ersten Mittwoch im Monat im Eibauer „Kretscham“.