Ohne Kontakt geht es bei Hebammen nicht

Region Döbeln. Zeitweise Geburten ohne Begleitperson, keine Vorbereitungskurse, keine Rückbildung – viele Schwangere in der Region sind im Moment verunsichert, sagen die Hebammen Katja Eck und Diana Fischer. Auch die beiden Frauen müssen in ihrem Berufsalltag jetzt umdenken, auf vieles Verzichten und Alternativen finden. Denn die Regelungen im Kampf gegen das Coronavirus berühren auch ihren Job.
Sie reduzieren Hausbesuche auf ein Minimum, kommen wenn, dann nur mit Schutzmaske, und können aktuell keine Kurse für die Frauen anbieten. Für manches gibt es eine Alternative, zum Beispiel über Onlinevideos. Doch damit tue sich Hebamme Katja Eck zurzeit noch schwer. Sie hofft noch auf die anstehenden Lockerungen der Corona-Regelungen. Dann ist vielleicht auch ein Rückbildungskurs im Außenbereich möglich. „Zwischen Schreibtisch und Schrankwand etwas vorturnen, das kann ich mir nicht vorstellen.“
Bei Diana Fischer aus Leisnig würde in der kommenden Woche ein Vorbereitungskurs beginnen. Den Start hat sie verschoben. „Ich würde es per Video probieren, aber ich hoffe, dass der Kurs so geht. Schließlich geht es um das Miteinander“, erklärt die Hebamme. Doch selbst wenn sie Kurse durchführen dürfte, müsste sie sich dafür einen anderen Raum suchen. Denn bisher war sie mit ihrem Angebot in der Helios-Klinik in Leisnig. Dort sind derzeit aber Besuche verboten, auch auf der Geburtsstation. Nur eine gesunde Begleitperson darf bei der Geburt sowohl in Leisnig als auch in Mittweida mit dabei sein.
Nachfrage nach Hausgeburten
Zeitweise war das in Leisnig anders. Keine Vorbereitungskurse und dann noch allein in den Kreißsaal. „Das sind Zustände wie vor 50 Jahren“, sagt Diana Fischer. Dass die Frauen auf den Geburtsstationen keinen Besuch empfangen können, verunsichere ebenfalls einige, so Fischer weiter. „Manche wollen deswegen schnell wieder nach Hause. Es gab auch schon Anfragen nach Entbindungen zu Hause“, erzählt Fischer. Doch Hebammen, die eine Hausgeburt begleiten, gäbe es in der Region keine.
Möglich wäre auch eine ambulante Geburt. Bei dieser verlassen die Frauen vier bis sechs Stunden nach der Entbindung die Klinik wieder. Doch in den Krankenhäusern sind die Zahlen der ambulanten Geburt nicht höher als sonst. Seit Anfang März habe es fünf solcher Entbindungen in Mittweida gegeben, sagt Sprecherin Ines Schreiber. „Einen Zusammenhang mit Corona kann man nicht herstellen, da die Begleitperson nach wie vor mit dabei sein darf und auch auf der Station zu Besuch kommen darf.“
Auch in Leisnig sei ein Anstieg an ambulanten Geburten oder einer schnellen Entlassung nicht zu verzeichnen, informierte Dr. Yemenie Aschalew, Chefarzt der Gynäkologie und Geburtshilfe an der Helios-Klinik. In dieser kann die Begleitperson, die bei der Geburt dabei gewesen ist, nach dieser auch mit in ein Familienzimmer ziehen. „Die Begleitperson wird als solche stationär aufgenommen und muss, genau wie die Frau, bei der Aufnahme einen entsprechenden Covid-19-Fragebogen ausfüllen“, ergänzt Oberärztin PD Dr. Janine Hoffmann von der Helios-Klinik.
Verzichten müssen die Schwangeren derzeit auf die Besichtigung der Klinik im Vorfeld der Geburt. Zu den geburtsvorbereitenden Terminen sollen sie ohne Begleitung kommen, sagt Ines Schreiber aus Mittweida. Ausgesetzt sind in den Kliniken auch die Fotoshootings mit den Neugeborenen. „Wir prüfen dies gegebenenfalls in ein bis zwei Wochen“, meint Schreiber.
„Sowohl vor als auch nach der Geburt möchte ich den Frauen ans Herz legen, die Ruhe und Zeit für sich selbst zu genießen, zu Hause zu bleiben, Unnötiges aufzuschieben, Abstand zu halten und eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen“, wendet sich Peggy Kruggel, leitende Hebamme in Mittweida, an die Schwangeren und Familien. Vieles lasse sich telefonisch klären.
Mit Mundschutz zum Hausbesuch
Nach der Entlassung aus der Klinik werden für die Frauen die Hebammen zum wichtigsten Ansprechpartner in Sachen Nachwuchs. Die Vorsorge übernimmt nach wie vor meist der Frauenarzt. Es seien vor allem die Frauen, die gerade aus dem Krankenhaus entlassen worden sind, die Katja Eck jetzt noch besuche. Darüber hinaus habe sie ihre Hausbesuche jedoch auf ein Minimum reduziert, sie versuche nun viel telefonisch zu beraten. Nur in dringenden Fällen sei sie noch vor Ort. Oder wenn das Baby gewogen werden muss oder die Mutter Hilfe beim Stillen benötigt. „Das kann ich schlecht am Telefon machen“, meint Eck. Vor allem zu Beginn der Pandemie hätten auch viele Mütter, bei denen der Besuch nicht dringend notwendig war, den Hebammen von sich aus abgesagt.
Bei Hausbesuchen bestehen die Hebammen zurzeit darauf, dass sich nur die Mutter und das Neugeborenen im Raum befinden. Die Frauen sollten einen Mundschutz tragen, wie auch die Hebammen. „Ich halte mich bei den Hausbesuchen zurück, achte auf den Sicherheitsabstand, berühre die Kinder nur, wenn es wirklich notwendig ist, wenn ich mir zum Beispiel den Nabel anschaue“, sagt Katja Eck. Gern würde sie einigen Müttern einmal tröstend die Hand auf die Schulter legen, doch darauf verzichtet sie im Moment. „Dabei ist die Nähe, das Mitmenschliche doch so wichtig“, meint Eck. Manche Frau habe schon zu ihr gesagt: „Schön mal wieder ein anderes Gesicht zu sehen“, erzählt die Döbelnerin.
Die Hebammen sind oft die Einzigen, die zurzeit in die Familien kommen. Mitunter sei es „heftig“, was sie dort erleben. „Gerade bei Frauen mit Neugeborenen und anderen Kindern liegen die Nerven blank“, berichtet Eck. Diana Fischer fühlt sich teils hilflos, wenn sie in einige sozial schwächere Familien komme. „Familienhilfe, Ergotherapie, Logopädie, Kita, das fällt ja jetzt alles weg“, meint Fischer. Oft sei sie die Einzige, die den Familien zur Seite steht.
Doch der Krise sei auch etwas Positives abzugewinnen. Da sind sich die Hebammen einig. „Ich bekomme weniger Anrufe wegen unruhiger Kinder“, so Katja Eck. Die Familien bleiben mit den Neugeborenen zu Hause. Es kommen keine Besucher, die Kinder genießen die Ruhe, die sie eigentlich immer nach der Geburt benötigen.
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