Von Andreas Rentsch
Für manche Dresdner Schüler bietet der Tag des Schnupperstudiums erst einmal die willkommene Chance zum Ausschlafen. Nicht so für Stefan Franke, Karsten Merzdorf und Anja Müller. Neun Uhr früh stehen die drei Lehrlinge im Foyer des Barkhausen-Baus der Technischen Universität (TU) und warten. Gleich beginnt die Führung durch die akustischen Messräume der Fakultät Elektro- und Informationstechnik.
Franke und seine beiden Azubi-Kollegen lernen den Beruf des Mechatronikers. Den Vormittag haben sie frei bekommen, damit sie an der TU Probevorlesungen hören oder mit Professoren ins Gespräch kommen können. „Ich will später noch studieren“, sagt der 20-Jährige. „Elektrontechnik oder Maschinenbau. Also informiere ich mich.“
Dabei stehen ihm viele Türen offen: Nicht nur die Fakultäten und Institute der TU, auch andere Dresdner Hochschulen buhlen an diesem Tag um die Gunst der Abiturienten. Gerade in manchen naturwissenschaftlichen Fächern fehlen der TU Bewerber – trotz guter Job-Chancen nach bestandenem Examen. Begründen lässt sich das nicht nur mit dem oft kolportierten mangelnden Interesse der Jugendlichen. „Es hat auch damit zu tun, dass es in diesem Jahr im Freistaat 250 Schulabgänger weniger geben wird als 2007“, sagt Eileen Mägel vom Sächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst (SMWK). Anja Müller ist Abi-Jahrgang 2007 und froh darüber. „Noch habe ich genug Zeit, über meinen Studienwunsch nachzudenken“, sagt die 20-Jährige aus dem Wilsdruffer Stadtteil Oberhermsdorf. Was bietet sich da jetzt eher an als ein unverbindlicher Schnupperstudiums-Tag? Die Mechatronik-Lehre dauert schließlich noch gut drei Jahre. Vor einem Schaukasten im Kellergeschoss des Barkhausen-Baus nimmt Ingenieur Andreas Witing die Gruppe in Empfang. „Akustik ist ein weites Feld“, hebt er an und beginnt über die Ausbreitung des Schalls in der Dresdner Semperoper zu referieren. „Dieser Bau ist sehr effizient. Man kann mit sehr wenig Energie große Lautstärke erreichen.“ Das exakte Gegenteil demonstriert Witing im „schalltoten Raum“. Dessen Wände sind mit rund 18000 Stoffkeilen verkleidet, deren Spitzen nach innen ragen. Damit wird nahezu jegliches Geräusch geschluckt. Es entsteht eine geradezu klaustrophobische Atmosphäre. Der Raum werde seit Jahrzehnten für verschiedenste Experimente genutzt, sagt Witing.
So praxisnah wie in dem unterirdischen Labor geht es aber für die Studenten erst in den höheren Semestern zu. „Das Problem ist der theoretische Teil“, sagt der Wissenschaftler. „In diesem Fachgebiet steckt einfach viel Mathematik.“ Beim Verlassen des Raums hüpft Anja Müller über das Drahtgeflecht, das als Lauffläche im schalltoten Raum gespannt ist. In vier Stunden müssen sie und ihre beiden Begleiter wieder im Unterricht sitzen.