Von Peter Heimann
Gregor Gysi gehört zu den besten Geschichtenerzählern unter den Politikern. Manchmal bestückt der linke Politiker halbe Parteitagsreden mit Anekdoten von früher. Deswegen sagen Zuhörer, die schon die eine oder andere erleben durften, dann gerne: „Onkel Gregor erzählt wieder vom Krieg.“ Letztens erst plauderte er wieder mal über seine Anfangszeit als Politiker 1990. Es ging um Leben und Tod. Und eine Kundgebung im Saal in irgendeiner Stadt. Kurz vor Beginn kam der Polizeichef und wollte ihm eine schusssichere Weste geben. „Auf gar keinen Fall“, habe er damals geantwortet, so Gysi. Darauf der Polizist, dann stehe halt im Protokoll: Weste angeboten, aber abgelehnt. Später im Saal schrie dann zwar einer „Scheiß SED“, und es war spannungsgeladen, damals keine Seltenheit. Lebensgefährlich war es aber nicht. Die Pointe kam auch erst hinterher. Der Ordnungshüter kam nämlich noch mal zum Redner und sagte: „Herr Gysi, nicht dass Sie mich falsch verstehen. Meinetwegen können Sie erschossen werden, nur nicht in meiner Stadt.“
Jan Korte, 35 Jahre jung und als linker Politiker 2005 von Niedersachsen nach Sachsen-Anhalt gewechselt, hat seine Beobachtungen aus Ost und West in einem kleinen Büchlein mit dem schönen Titel „Geh doch rüber!“ aufgeschrieben. Seine Freunde, schreibt er darin, kommen aus Ost und West, und sie sind nicht mehr so leicht als jener oder jener zu identifizieren. Selbst in seinem Wahlkreis um Bitterfeld, Köthen und Bernburg ist es nur schwer feststellbar, wer aus dem Osten und wer aus dem Westen stammt, wenn nicht gerade ein waschechter Sachse mit rasch identifizierbarem Dialekt auftaucht.
Aber es gibt noch eine Ausnahme, so Korte, die ihn einen Ossi erkennen lässt. Sein Jan werde daheim in Westdeutschland kurz, knapp und norddeutsch ausgesprochen. Das sei im Osten fundamental anders. „Der Ossi – und zwar gleich welchen Alters, gleich welcher ostdeutschen Region entstammend – sagt nicht Jan, sondern zieht den Namen zu einem Jahn auseinander. Gesprochen wie (Sigmund) Jähn, ohne ä, eben mit a.“ Daher, so Korte, könne er bei allem Verschwinden der kulturellen Unterschiede feststellen, wer aus dem Osten kommt und wer aus dem Westen: „Zu nahezu hundert Prozent“.
Udo Lindenberg outete sich als Fan von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). „Ich mag Angie. Ich bin ja leidenschaftlicher Feminist. Ich habe ein sehr schönes Bild von ihr gemalt“, sagte der 66-jährige Musiker unlängst einem Magazin. Anders als von Altkanzler Gerhard Schröder (SPD), der zu Lindenberg während seiner Amtszeit ein freundschaftliches Verhältnis pflegte, fühlt er sich von Merkel jedoch nicht genug wahrgenommen. „Die verflüchtigt sich immer so’n bisschen, wenn sie mich sieht. Sie fürchtet vielleicht, dass es zu Situationen kommt, die ihr zu fremd wären.“
Vorige Woche stempelte SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück eine Sonderbriefmarke mit roter Fahne. Die Post hatte dazu im Willy-Brandt-Haus eine kleine Kurzzeit-Filiale eingerichtet für das zum 150. Jahrestag der Sozialdemokratie herausgegebene Stück. Zahlreiche Besucher erwarben dann auch die Marke zum Klebewert von 1,45 Euro. Helmut Kohls Marke, auch gerade erst zum Geburtstag des Pfälzers aufgelegt, hatte nur 55 Cent. Und der war immerhin schon Kanzler.